Schreiben übers Verschwinden: Vom 6. bis 9. November findet das 39. Freiburger Literaturgespräch statt
Das Verhältnis von Wirklichkeit und Literatur ist eine Relation, die ständig neu ausgehandelt wird – in jedem Text, der
Das Verhältnis von Wirklichkeit und Literatur ist eine Relation, die ständig neu ausgehandelt wird – in jedem Text, der autobiografische Züge trägt oder mit der Fiktion des Biografischen spielt. Einer guten Tradition nach entlehnt das Freiburger Literaturgespräch seinen Titel dem aktuellen Peter Huchel-Preisträger. In diesem Jahr gibt also Olga Martynova das Motto vor, es lautet „Such nach dem Namen des Windes“. Doch das eigentliche Thema dieser 39. Ausgabe könnte die Beziehung zwischen Biografie und Literatur sein.
Auch, weil es von Rachel Cusk am 6. November eröffnet wird. Cusk wurde bekannt durch ihre Outline-Biografie, durch die auch etwas vom Leben der britischen Autorin durchscheint. Im Historischen Kaufhaus, in dem die 39. Freiburger Literaturgespräche ihren Anfang nehmen, wird es im Gespräch mit Annette Pehnt um Cusks bekannte Trilogie gehen, aber auch um ihre Neuerscheinung „Parade“, die formal wesentlich experimenteller ist als ihre früheren Publikationen. Fortgesetzt wird das Thema gleich am folgenden Freitag im Literaturhaus in der Lesung von Nora Gomringer aus dem Buch „Am Meerschwein übt das Kind den Tod“, in dem sich die Autorin mit dem Tod ihrer Mutter auseinandersetzt. Gomringer wird am Ende der Lesung Platten aus der Sammlung ihrer Mutter auflegen. Und auch Daniela Dröschers jüngster Roman „Junge Frau mit Katze“ spielt mit der Autofiktion, genauer mit dem Unbehagen einer Frau an ihrer wissenschaftlichen Karriere, das sich in einer Kehlkopfentzündung, Herzproblemen und Hautreizungen ausdrückt, am Ende rettet sie sich ins literarische Schreiben, das in Dröschers eigenem Romandebüt mündet (8.11.). Sehr persönliche Verzweiflungen schreibt Heike Geißler nieder, ihr gleichnamiger Essayband reibt sich an ihrer DDR-Sozialisation, der gegenwärtigen Weltlage und weiblichen Rollenmustern. Nicht, dass Schreiben Probleme lösen würde, aber es verändert die Haltung zur Welt. Auch Katerina Poladjan und Dorothee Elmiger beziehen sich in ihren aktuellen Romanen auf Verbürgtes. Den Goldstrand, der Poladjans Roman seinen Namen gab, kennt die Autorin von Familienurlauben in Bulgarien. Was sie daraus macht, ist eine Familiengeschichte über drei Generationen und über Länder hinweg, die auch vom Weglassen erzählt. Dorothee Elmigers Roman „Die Holländerinnen“ beruht auf dem realen Verschwinden von zwei jungen Frauen in Panama. Der Roman, der sowohl auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises als auch des Schweizer Buchpreises steht, verknüpft die Geschichte deren Verschwinden, über das ein Film entstehen soll mit anderen kulturellen Herkulesleistungen und über die Möglichkeiten des Erzählens selbst. Ozan Zakariya Keskinkilic wiederum schreibt in seinem Debütroman „Hundesohn“ von einer homosexuellen Liebe zwischen Berlin und dem türkischen Adana (alle 8.11.).

Doch auch die Kinder kommen bei diesem 39. Freiburger Literaturgespräch nicht zu kurz, der „wilde Freitag“ migriert in das Literaturgespräch. Für Kinder ab acht Jahre stellen Anke Kuhl und Moni Port den Comic „Mukkekukke“ vor, sozusagen Mukke zum Gucken (7.11.). Mit der sonntäglichen Matinee endet dann die diesjährige Veranstaltung. Daniela Dröscher, Iris Wolff und Katerina Poladjan haben sich an Matthias Jüglers Anthologie über ausgerottete Pflanzen und Tiere „Wir dachten, wir könnten fliegen“ beteiligt. Vermutlich sind sie eher nicht aufgrund ihrer Flugunfähigkeit ausgestorben.
Weitere Infos: www.literaturhaus-freiburg.de





