„Ich bin überzeugt von dem, was ich mache“: José Schloss – Portrait eines Künstlers im Spannungsfeld von Heimat und Identität
Es ist einer jener Tage in Freiburg, an denen ein Hauch mediterranen Dufts in den Straßen der Innenstadt hängt.
Es ist einer jener Tage in Freiburg, an denen ein Hauch mediterranen Dufts in den Straßen der Innenstadt hängt. Die Cafés sind gefüllt mit Menschen, die ihren Milchkaffee mit Eiswürfeln schlürfen und die Temperaturen über 30 genießen. Sommer in Freiburg – hier treffen wir José Schloss, einen deutsch-spanischen Künstler, geboren in Schramberg, aufgewachsen in Hornberg und kürzlich nach Freiburg gezogen. Wir treffen ihn in seinem italienischen Stammcafé unweit des alten Rathauses. Da sitzt er. Ein lässiger Typ, braun gebrannt, weites Hemd, kurze Hose, Handy am Ohr. Er ist beschäftigt. Das wird sich im Laufe des Gespräches immer wieder rauskristallisieren.
Denn von der Kunst zu leben ist kein 9-to-5-Job. Das Handy klingelt immer wieder. Projekte müssen nebenbei gemanaged werden – Ausstellungen, Kooperationen mit Firmen, Social Media, die Malerei, sein Branding. All das ist do-it-yourself. „Darum dreht sich mein Kopf 24/7. Was auch manchmal belastend sein kann“, gesteht er. Social Media lässt dabei den meisten Druck in seinem Kopf entstehen. „Wenn es nach mir ginge, hätte ich gerne gar kein Social Media.“ Den Sprung ins kalte Wasser bereue er aber nicht.
José hat Möbeldesign studiert, spezialisiert auf Möbel und Interieur. Hier zeigte sich schnell sein Faible für Ästhetik. In dieser Zeit ist auch seine Leidenschaft für die Malerei gewachsen. „Während meines Studiums habe ich Tag und Nacht gemalt. Dann kam irgendwann der Zeitpunkt, an dem ich mich entscheiden musste: Arbeite ich für eine Firma oder versuche ich es? Es gab für mich damals nur die eine Option.“ Weshalb er mit seinem Hintergrund nicht plastisch arbeite? Er lacht. Er sei eigentlich gar kein Bastler, versuche sich derzeit aber immer wieder an Keramik. Diese Experimentierfreude und die Suche nach seinem persönlichen Ausdruck von Schönheit und Tiefe ziehen sich durch sein Werk.

Begonnen hat alles mit einem Kunstwettbewerb, der das Thema Heimat vorgab. Damals malte José Trachten ohne Gesichter – das kam gut an, es folgten einige Ausstellungen in Hotels und Restaurants. Heimat, was ist das eigentlich? Seine Großmutter war Trachtenträgerin in Gutach – inklusive Bollenhut. Sein Vater lebt in Spanien. Diese Identitäten prallen in seinem Werk immer wieder aufeinander und hinterfragen den Begriff der Heimat. „Es muss nicht die klassische Heimat-Symbolik sein. Mich treibt dieses Zwischen-den-Identitäten-Sein hin und her.“ Inwiefern das seine Kunst beeinflusst? „Ich würde sagen, ich springe gerne zwischen den Identitäten“, er lächelt. Die Suche nach Symbolik im Begriff der Heimat steht dann aber doch im Mittelpunkt seiner Arbeit. Zieht sich wie ein roter Faden durch seine Werkserien.
José Schloss ist kein Schwarzwaldmaler, auch wenn seine Trachten- und Schwarzwaldmotive mittlerweile zahlreiche Wände bestücken. Das möchte er auch nicht sein. „Ich wollte nicht als Schwarzwaldkünstler bezeichnet werden“, erzählt er. Damals habe er eine Art kreative Sinnkrise erlebt, hinterfragt seine Arbeit, seine Malerei. Das Hobby, das er zum Beruf machen wollte, erfüllte ihn auf einmal nicht mehr. „Während Corona war ich viel mit meinem Kumpel spazieren und habe ihm davon erzählt. Ich wurde richtig emotional. Das Malen hat mir auf einmal keinen Spaß mehr gemacht und das ist für mich das Schlimmste.“ Dann erlebte seine Malerei eine Kehrtwende. „Das florale Thema war dann eine 180-Grad-Wendung. Da habe ich mein erstes Rosenbild gemalt.“ Es sind starke Kontraste, die diese Werkserie bestimmen. Tiefrote Rosen vor einem beinahe schwarz wirkenden Hintergrund, dunkle Grüntöne blitzen hier und da hervor. Tiefe und Schwere vermischen sich hier mit der Hoffnung auf einen Neuanfang. Und der kam.

Anfang des Jahres hat José viel Zeit in Málaga verbracht – dort durfte er unter anderem im Rahmen eines Partnerstadtprojekts in La Carolina ausstellen. Auch hier wieder das Thema Heimat. Der rote Faden bleibt, die Symbolik wird eine andere. Den gesichtslosen Trachten und kontrastreichen Rosen folgen nun Seerosen. Die Werkserie „El Camino del Agua“ wirkt wie eine Hommage an den zweiten Teil seiner Identität. Die meditativen Seerosenteiche Spaniens stehen im Mittelpunkt – mal entzieht er ihnen die Farbe, dann wieder mischen sich Rot, Rosa, Grün und Blau zu einem farbenreichen Strauß – erinnern im Weiten an Monet, den er, wie er später verrät, schätzt. Sein Œuvre vervollständigt sich, entwickelt sich weiter. „Ein Künstler ist auch ein Erfinder. Und ich habe für meine damals neu anstehende Serie stark wahrgenommen, dass die Heimatthematik viel zu oft zweckentfremdet wird. Und wie kann man verblüffen, wenn man nichts Neues macht?“. Überhaupt ist es dieser Eindruck, der nach unserem Gespräch bleibt. José ist niemand, der auf der Stelle stehen bleibt. Ein Künstler, der auch die Kunst der Vermarktung zu verstehen scheint. Seine Kataloge, die man online einsehen kann, zeugen von einem tiefen Verständnis der eigenen Ästhetik. José weiß, wo er hin möchte. „Ich habe immer das Gefühl, die Bildsprache ist das Wichtigste.“ – Wer in Josés Werk eintaucht, der begegnet dieser Bildsprache, die einem ganz eigenen Klang zu folgen scheint.
Bild: José Schloss © Künstler





