Musik Theater

Aufstieg und Niedergang einer UFA-Diva: Mit Peter Lunds Musikrevue „Zarah 47 – das totale Lied“ startet das neue Führungsduo in seine erste Spielzeit im Musiktheater Die Schönen

„Ich weissss, es wird einmal ein Wunder geschehen…“, singt Stefanie Verkerk im kleinen Musiktheater „Die Schönen“ am Vintage- Mikrofon

Aufstieg und Niedergang einer UFA-Diva: Mit Peter Lunds Musikrevue „Zarah 47 – das totale Lied“ startet das neue Führungsduo in seine erste Spielzeit im Musiktheater Die Schönen

„Ich weissss, es wird einmal ein Wunder geschehen…“, singt Stefanie Verkerk im kleinen Musiktheater „Die Schönen“ am Vintage- Mikrofon – im mondänen Abendkleid, mit roter Lockenperücke, viel Gefühl und tiefem Alt, wenn auch ohne rollendes „R“. Hinter ihr flimmert Zarah Leanders überdimensioniertes Gesicht aus dem NS-Propaganda-Film „Die große Liebe“ von 1942 samt perforierten Seitenstreifen über die Leinwand. Auf der im Retro-Stil ausstaffierten Bühne geben Andreas Binder (Arrangements und Klavier), Markus Lechner (Kontrabass) und Konstanze Ihle (Schlagzeug/Percussion) die befrackte Combo.
Ein Durchhalte-Schlager und bis heute unsterblicher Evergreen, auch dank Nina Hagens schräger Coverversion… Mit Peter Lunds Musikrevue „Zarah 47 – Das totale Lied“ (Uraufführung 1992 in Greifswald) startet das neue Führungsduo Stefanie Verkerk und Martin Schurr in seine erste Theatersaison – und bleibt damit dem Konzept der Schönen unbedingt treu: tolle Lieder, gute Unterhaltung inklusive Gesellschaftskritik – auf hohem musikalischem Niveau.
„Geburtstag – mal wieder“, aber nicht als umjubelter Star, sondern 1947 alleine auf ihrem Landgut Lönö auf einer Schäreninsel im heimatlichen Schweden, wo Leander als „Nazi-Sirene“ Auftrittsverbot hat. Und kein Schwein ruft ihr an… So der Ausgangspunkt dieses faszinierenden Abends, der Aufstieg und Niedergang der UFA-Diva entlang ihrer musikalischen Highlights Revue passieren lässt und dabei auch die Geister der Vergangenheit zum Leben erweckt: Joseph Goebbels, Hitler, Regisseur Detlef Sierck, den Präsidenten der nationalsozialistischen Reichsfilmkammer Carl Froehlich oder Schauspieler Heinrich George – fast alle gibt Martin Schurr (Regie, Bühne) in pointierten Begegnungen. Das zeigt: Eine deutsche Frau war die Leander nie, auch wenn die Nazi-Propaganda sie nach der Amerika-Übersiedlung von Marlene Dietrich dazu machte. „Mein Ruf war ruiniert – das war unbezahlbar!“ spottet sie und singt den jiddischen Swingsong „Bei mir biste schön“. Trotzdem – Nähe zur Macht? Unbedingt! „Goebbels, wer ist das? Ich bin ein unpolitischer Mensch“, wagt sie hier zu behaupten. Und schwingt im Beisein Hitlers den blauen Ball bei Leibesübungen.
„Zarah Leanders Wesen ist durchaus ambivalent: Eine starke, emanzipierte Frau, insbesondere in dieser Zeit: Hat sich von keinem Mann über den Tisch ziehen oder „unter den Tisch trinken“ lassen. War als harte Verhandlerin bekannt und wusste sich selbst und die Situation einzuschätzen. Eine intelligente Frau, die diese Klugheit in erster Linie für sich selbst nutzte. Man kann ihr, denke ich, eine ausgeprägte Egozentrik vorwerfen mit starken Suchtendenzen – Alkohol, Zigaretten, Geld und Erfolg und von allem möglichst viel….“, so Stefanie Verkerk über ihre Figur, die sie hier so vielschichtig wie fesselnd mit viel Glamour, Bissigkeit und Tragik auf die Bühne bringt. Am Ende wird sie sich auch für Kaffeefahrten nicht zu schade sein, denn sie braucht den Beifall – zum Leben…
Ob „Kann denn Liebe Sünde sein“, „Nur nicht aus Liebe weinen“, „Ich steh im Regen“, „Davon geht die Welt nicht unter“, „Merci mon ami“, „Yes, Sir“ oder „Der Wind hat mir ein Lied erzählt“ – als Sängerin hat sie hier glamouröse Auftritte, die musikalische Begleitung ist prall unflexibel, Kostüme, Arrangements und Choreografien zeigen großes Theater mit oft einfachen Mitteln. Dazu gibt’s Filmeinspielungen und Fotoprojektionen. Angucken!

Weitere Infos: www.dieschoenen.com

Foto: Musiktheater Die Schönen

About Author

Marion Klötzer