Kunst und Kriegsdenkmale: Bochumer Soldaten geben ein Beispiel
Der Umgang mit öffentlichen Denkmälern zur Verherrlichung eigener Geschichte erhielt jüngst neue ‚Impulse‘, auch nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd durch einen weißen Polizisten in Minneapolis. So rissen Demonstranten daraufhin im britischen Bristol die Statue eines Sklavenhändlers des 17. Jahrhunderts vom Sockel und versenkten sie 2020 im Hafen der Stadt. Unterdessen wird die demolierte Skulptur museal präsentiert. Geänderter Blick auf die Geschichte provoziert Dislokation und Neu-Kontextualisierung von Kunst.
In deutschen Städten und Gemeinden existieren weiterhin zahlreiche ‚wehrhaft‘ anmutende Kriegerdenkmale zur beschworenen Erinnerung an den Krieg 1870/71 gegen den Französischen Staat oder an die Gefallenen in den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts. Der Umgang mit solchen Skulpturen bleibt naturgemäß schwierig. Ein am Ende souverän gelöster Fall ereignete sich in der Ruhrgebietsstadt Bochum. Dort wurde das Kriegerdenkmal „Für die Helden des Ersten Weltkriegs“ 1935 prominent im Stadtpark aufgestellt und geweiht. Zwei martialische Kraftprotze, formal ganz dem nationalsozialistischen Zeitgeist entsprechende Bronzekämpfer. Der eine, als Mitglied des Kaiserlichen Heeres charakterisiert, reicht die Standarte dem zweiten weiter, der als Angehöriger der Wehrmacht gezeichnet ist. Die Schmach von Versailles saß weiterhin tief, und ein kommender Krieg sollte frühzeitig bildhaft legitimiert werden. Den Auftrag zur Ausführung erhielt der Dortmunder Künstler Walter Johannes Becker (geb. 1886, Todesdatum nicht bekannt).
Doch 1983, kurz nachdem das Bochumer Stadtarchiv eine erste kritische Aufarbeitung der Stadt in der NS-Zeit präsentiert und dabei auch das Kriegerdenkmal beleuchtet hatte, sägten Unbekannte die Füße der Figuren, die in Folge nach vorn umstürzten – ein vermeintlicher Angriff ‚linker Kräfte‘ gegen den Staat. Zugleich kam im selben Jahr bereits der Beschluss des Stadtrats, die Figuren zwar zu reparieren, aber nicht wieder am ursprünglichen Ort aufzustellen. Nach jahrelanger Verborgenheit ist das Denkmal wieder öffentlich zu sehen: im „Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte“, dort im Foyer gleichsam aufgebahrt, auf der Vorderseite liegend. Eine ansprechende Inszenierung.
Was hat das alles mit Freiburg und der Regio zu tun? Na ja: Wir erinnern uns, eine ganz ähnliche künstlerische Handschrift trägt das Kriegerdenkmal in Waldkirch-Kollnau. Bis heute steht es völlig unberührt vor Ort, und ein längst durchgeführter Kunst-Wettbewerb zur ‚Kommentierung‘ des Monuments (mit dem Freiburger Künstler Richard Schindler als Preisträger) wurde bislang nicht umgesetzt, weil der Ortschaftsrat keine Einigung erzielt.
Und beim Freiburger „Siegesdenkmal“ (1876) das freilich eine andere Formensprache aufweist und jedenfalls nicht vor- und zurückweisend verschiedene Kriege explizit miteinander verbindet, führte ebenso anlässlich der zweiten Versetzung des Monuments in die Nähe des ursprünglichen Standorts an der Kaiser-Joseph-Straße 2017/2018 die Debatte um eine ‚Brechung‘, eine ‚künstlerische Kommentierung‘ des Denkmals ins Nichts – weil ein an sich willkommener Ideenwettbewerb der städtischen Kunstkommission zu spät einsetzte und dann der Gemeinderat keine kritische Mehrheit mehr zustande brachte.
Bildquellen
- Bochumer Krieger auf dem Boden: Foto: Martin Flashar