Eine Ausstellung in der Kunsthalle Messmer zeigt die Kunst des Disney-Comics – und die Zeichner dahinter
Um eine Frage vorab zu beantworten: Nein, eine Kinderausstellung ist es nicht. „Natürlich wollen wir auch ein junges Publikum ansprechen. Aber Micky und Donald, die kennt doch jeder!“ Da wird man Jürgen A. Messmer, Kunstsammler und Museumsgründer, zustimmen müssen. Unter den geschwungenen Lettern des Disney-Konzerns sind Micky Maus und Donald Duck zu ikonischen Gestalten gewachsen. Weniger bekannt sind die Zeichner hinter den Comic-Abenteuern von Maus und Ente. Ihnen widmet die Kunsthalle Messmer ihre neue Ausstellung „Disneys große Zeichner. Barks, Taliaferro und Gottfredson“ – und übertreibt sicherlich nicht damit, sie als „Väter“ von Micky und Donald zu bezeichnen. Väter, die zeitlebens mit ihren Kindern verbunden blieben.
Up Iwerks und Walt Disney haben Micky Maus geschaffen. Rang und Persönlichkeit der abenteuerlustigen Maus entwickelte aber ein anderer. Mit Floyd Gottfredson (1905–1986) holte sich Walt Disney einen visionären Autodidakten in seinen noch jungen Konzern. Ab den 1930ern schickte Gottfredson die unerschrockene wie freche Maus auf Abenteuersuche. Zunächst in schwarzweißen „Daily Strips“, dann auf farbigen Sonntagsseiten, die in den amerikanischen Tageszeitungen erschienen. Bald bekam Gottfredsons Maus Gesellschaft von einer langschläfrigen Ente, tollpatschig und jähzornig.
Al Taliaferro (1905–1969) schuf den Charakter Donald Duck. Wie alle in der Ausstellung präsentierten Zeichner war auch Taliaferro seiner Schöpfung tief verbunden. „Taliaferro kämpfte dafür, Donald Duck aus den Mickey Maus-Comics herauszulösen. Er wollte eigenständige Donald-Strips in den Zeitungen.“ Ina Brockmann ist Ausstellungsmacherin. Aus der Sammlung Brockmann und Peter Reichelt stammen die Werke, die in der Kunsthalle zu sehen sind. Darunter auch viele Comics, die Donald als selbstständigen Abenteurer zeigen. Er hat den Absprung 1938 geschafft und seine eigenen Strips bekommen. Taliaferro schuf auch die aufgeweckten Neffen Tick, Trick, Track sowie Daisy Duck, letztere nach dem Vorbild seiner Frau Lucy, worüber diese nicht immer glücklich war.
Donalds Absprung aus den Micky-Comics schien rechtzeitig. Während die Popularität der Maus in der Nachkriegszeit nachließ, blieb die wilde Ente beliebt. Donald behielt seine Rolle als Abenteurer, während Micky zum regelrechten Spießer wurde. „Disney wurde nach dem Krieg zu dem Konzern, den wir heute kennen, einer für die ganze Familie.“ Dazu gehört auch ein „Heile-Welt-Charakter“, wie Brockmann betont. Die abenteuerlustige Maus bekam Hemd, Haus und ein schickes Auto als gutbürgerliche Statussymbole. Donald hingegen machte bald Bekanntschaft mit Dagobert Duck, Daniel Düsentrieb und seinem unliebsamen Cousin Gustav Gans. Sie alle stammen aus der Feder Carl Barks (1901–2000). Barks gilt als bekanntester Zeichner Disneys. Von ihm sind in der Ausstellung auch einige Druckgrafiken zu sehen, manche mit frivolem Inhalt. Dafür musste Barks den puritanisch geprägten Konzern 1942 aber erst verlassen.
Neben Skizzen, Bewegungsstudien und Storyboards, Comicstrips und Grafiken der drei großen Zeichner sind auch Werke weiterer Künstler zu sehen. Jan Gulbransson (*1949), Ulrich Schröder (*1964) und der meist vergessene Erfinder der Micky Maus Up Iwerks (1901–1971) geben weitere Perspektiven auf eine moderne Kunstgattung, die eingängig, publikumsnah und kunstfertig sein kann. Und das alles unter und jenseits der geschwungenen Signatur Walt Disneys, die übrigens nicht von Disney, sondern von Floyd Gottfredson geschaffen wurde.
„Disneys große Zeichner. Barks, Taliaferro und Gottfredson“. Kunsthalle Messmer in Riegel. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 – 17 Uhr, feiertags geöffnet. Bis 12.06.22. Weitere Infos: www.kunsthallemessmer.de
Bildquellen
- Micky-Panel von Floyd Gottfredson (1930er): Foto: Walt Disney Company 2022 / Courtesy Sammlung Reichelt und Brockmann
- Carls Barks bei der Arbeit (1960er): Foto: Walt Disney Company 2022 / Courtesy Sammlung Reichelt und Brockmann