Film Stadtleben

Ein Filmfestival für die Kinohauptstadt Deutschlands: Das Black Forest Film Festival feierte seine Erstausgabe in Freiburg

Freiburg ist die Kinohauptstadt Deutschlands – zwar sind quantitativ die meisten Kinos natürlich nicht in einer Stadt dieser Größe

Ein Filmfestival für die Kinohauptstadt Deutschlands: Das Black Forest Film Festival feierte seine Erstausgabe in Freiburg

Freiburg ist die Kinohauptstadt Deutschlands – zwar sind quantitativ die meisten Kinos natürlich nicht in einer Stadt dieser Größe zu finden im Vergleich zu Berlin oder Köln. Doch die meisten Kinobesuche in Relation zu Einwohnerzahl, die gebe es in Freiburg, so Anna-Katharina Gerson. Die Kunst- und Filmhistorikern ist eine der Organisatorinnen des „Black Forest Film Festival“, welches dieses Jahr erstmalig vom 25.-29. November in Freiburg und Emmendingen stattfand.

Fantastischer Schwarzwald

Die Idee, in Freiburg ein Filmfestival zu veranstalten habe sie schon seit Jahrzehnten gehabt, erklärte Gerson bei der Eröffnungspressekonferenz. In der Pandemie konkretisierte sich das durch ein Gespräch am Münsterplatz mit einer der Co-Organisatorinnen, Cornelia Hammelmann. Ein Name war schnell gefunden: „Black Forest Film Festival“, mit einem Programm zwischen Fantastik und (Auto-)Biographischem. „Für was steht der Schwarzwald? Für das Geschichtenerzählen, für Fantastik, für Märchen.“ Den Bezug zu (Auto-)Biographien bot sich durch eine Zusammenarbeit mit dem Deutschen Tagebucharchiv in Emmendingen an, neben dem dortigen Kino CineMaja und dem Freiburger Friedrichsbau einer der Veranstaltungsorte des Festivals. Als Schirmherrin konnten die Organisatorinnen Margarethe von Trotta gewinnen. Die Grande Dame des anspruchsvollen Deutschen Kinos hielt eine kurze, launige Eröffnungsrede. Ein Kinofilm sei für sie wie träumen. Gemeinsames Träumen.

Moderiert wurde die Eröffnung und auch die meisten weiteren Veranstaltungen vom Wiener Regisseur Johannes Grenzfurthner. Der bei der Pressekonferenz mit Blick auf Fantastik verwundert feststellte, dass es für dieses Genre in Deutschland so wenige Festivals gebe. „Dabei seids ihr doch 85 Millionen. In Spanien haben sie allein 16 oder 17 Festivals nur für Horror.“ Und er muss es wissen: Sein Horrorfilm „Solvent“ über einen Nazidämon hatte beim Festival Deutschlandpremiere. Wobei „Solvent“ auch fantastische, groteske und Gore-Elemente hat.

Anja Jonuleit, Petra Karus und Bianca Dombrova im Gespräch Foto: Black Forest Film Festival

Subtil oder direkt

Der Eröffnungsfilm des Festivals hingegen, welcher den Spezialpreis der Jury gewann, war „Our Hero, Balthazar“ von Oscar Boyson. Im nahezu ausverkauften, großen Kinosaal des Friedrichsbaus sahen die Zuschauer:innen bei dieser Deutschlandpremiere einen sehr klugen Film, der völlig mühelos die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft, die Inszenierung des Menschen auf sozialen Medien, das Problem der männlichen Incels (involuntary celibate – unfreiwillig zölibatär) oder auch das bereits altbekannte Problem der Waffengewalt zeigte. Jedoch subtil, ohne erhobenen Zeigefinger und wie beiläufig. Um einer Mitschülerin zu imponieren, reist der aus reichem New Yorker Elternhaus stammende Balthazar nach Texas, um Solomon, der als White-Trash-Amerikaner standesgemäß im Trailer Park lebt, vor einem vermeintlichen Amoklauf abzuhalten. Allein die Wahl der Vornamen ist eine genialische Invertierung. Denn im Trailerpark ist ein hebräischer Name doch eher ungewöhnlich. Reiche New Yorker hingegen werden gern mit antisemitischem Unterton als „jüdisch“ tituliert.

Preisträger des „Goldenen Tannenzapfen“ als Bester Film wurde „Danke für Nichts“ von Stella Marie Markert, der bereits im Sommer auf dem Filmfest München seine Deutschlandpremiere hatte. Ein würdiger Preisträger, zeigt er ein Coming-of-Age-Drama um Katharina, Victoria, Ricky und Malou. Im Gegensatz zur feinen Subtilität von „Our Hero, Balthazar“ ist die Botschaft des Films und die Behandlung seiner Thematiken eher klar und direkt. Einen tatsächlichen goldenen Tannenzapfen gibt es jedoch noch nicht, nur eine Urkunde. Bis zu einer möglichen zweiten Ausgabe des Filmfestivals – die in Planung ist, aber deren Finanzierung noch nicht endgültig steht – soll es jedoch auch eine tatsächliche Trophäe eines goldenen Tannenzapfens geben, versprach Gerson.

Insgesamt rund 1.600 Besucher:innen schauten sich die verschiedenen Veranstaltungen an, zu denen neben Filmen auch Lesungen (der Schauspieler Robert Herzl las Märchen und Sagen aus dem Dreiländereck wie „Der Basilisk von Basel“ oder „Der See im Kandel“) und Panels (z.B. „KI & Kreativität“) gehörten. Die Besucherzahl klingt erst einmal gut, jedoch gab immer wieder recht leere Filmvorführungen und auch die Lesungen und Panels waren mitunter nicht besonders gut besucht. Zudem entfiel ein Großteil der Zahl auf die Premiere. Das ist mit Blick auf eine hoffentlich stattfindende zweite Ausgabe ausbaufähig: Damit die Hauptstadt der Kinogänger:innen auch eine Hauptstadt der Filmfestivalbesucher:innen wird.

Foto: Black Forest Film Festival

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Paul Tschierske