Das gute Leben war religiös: Im Vitra Design Museum zeigt eine Schau, warum die Shaker Architekten und Designer beeinflussten
Die Gründung der Shaker begann mit einem Widerspruch, der weitere produzieren sollte. Denn die religiöse Gemeinschaft, die mit der
Die Gründung der Shaker begann mit einem Widerspruch, der weitere produzieren sollte. Denn die religiöse Gemeinschaft, die mit der Ankunft 1774 in Amerika ein bäuerliches Selbstverständnis ausbildete, hat ihren Ursprung im britischen Manchester. Und die Geburtsstadt der Shaker-Gründerin Ann Lees, später Ann Lee (1736-1874) wurde ja nicht grundlos zum Synonym einer industriell geprägten Stadt und eines Kapitalismus, der die Interessen der Besitzenden über alles stellte. Lee, die nie schreiben und lesen lernte, arbeitete als Jugendliche in einer Baumwollfabrik, später wurde sie Köchin. Wie ihre Eltern war sie Quäkerin, was die „United Society of Believers in Christ’s Second Appearing“ prägen sollte. Gemeinsam mit weiteren Aussiedlern bildeten sie im Staat New York eine Gemeinschaft aus, die keinen persönlichen Besitz kannte und zölibatär als Familie von Brüdern und Schwestern organisiert war. Im Vitra Design Museum gibt die Ausstellung „Shaker. Weltenbauer und Gestalter“ nun einen Einblick in diese Freikirche, die nach ihren exaltierten Gottesdiensttänzen benannt ist. Zu sehen sind Dokumente, Fotos, Objekte und künstlerische Interventionen.
Den Shakern jedenfalls, gelang es trotz der alles bestimmenden Frömmigkeit und ihres abgeschiedenen Lebens, Produkte wie Möbel und die berühmten ovalen Spanschachteln mit der Schwalbenschwanzverbindung zu schaffen, die in der Welt begehrt waren. Sie bildeten die wirtschaftliche Grundlage ihres Lebens. Auch wenn ihre Werte ganz andere waren als die der Moderne, trafen sich die Mitglieder der amerikanischen Freikirche und die Vertreter eines aufgeklärten, liberalen Lebensstils in der Ästhetik. Die Shaker verwirklichten das Ideal einer Reduktion auf das Nötigste. Und sie lernten von der indigenen Bevölkerung, die vorhandenen Pflanzen zu nutzen. Anders als andere religiöse Gemeinschaften lehnten sie den Fortschritt nicht ab. Sie hielten Patente, etwa für eine Waschmaschine. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Wäsche nicht mehr mit der Hand gewaschen, sie installierten Telefonanlagen und legten sich Autos zu. Sie erfanden Ende des 19. Jahrhunderts auch die bedruckten Samentüten, die überraschend bunt und auffallend illustriert waren. Andere Gemeinschaften spezialisierten sich auf medizinische Präparate oder Kleidung. Ihr Leben war nachhaltig und in die Zukunft gerichtet. „Wir sind die ultimativen kapitalistischen Kommunisten“, sagte einer ihrer letzten Brüder einmal. Heute gibt es noch zwei Shaker.

Während die Gemeinschaft also schon einmal lebendiger war, wirkt ihre Ästhetik wie die Ausstellung in Weil zeigt ziemlich lebendig. Und da die Schau mit dem Shaker Museum in Chatham, New York, kooperiert, sind ikonische Objekte zu sehen. Die Begeisterung für die Architektur sowie die Möbel und Werkzeuge, beruht wahrscheinlich auf einem Missverständnis, insofern sie die große Religiosität der Shaker ausklammert. Dabei beruht alles auf ihr. Nicht zuletzt die Zeit, die die Brüder und Schwestern aufwanden, die beste Form und die beste Umsetzung zu finden und auch die Zeit, mit den Werkzeugen zu arbeiten. Aber auch die Klarheit, die sich gegen Ornamente und überhaupt alles Überflüssige wandte sowie die Reinheit, die die Räume auszeichnete. Dafür entwickelten sie eine eigene flache Besenform. Die charakteristischen Wandhakenleiste erleichterte die Ordnung. So ziemlich alles, bis hin zu Stühlen, konnte an ihnen aufgehängt werden. Die Architektur spiegelte die strenge Trennung der Geschlechter wider.
Die Objekte, die jetzt in Weil zu sehen sind, wie Apfelkörbe, Stühle, Nadelkissen oder Beistelltische sehen aus wie Idealtypen von Apfelkörben, Stühlen, Nadelkissen oder Beistelltischen. Das Leben der Shaker mag durch Arbeit bestimmt gewesen sein, doch die Werkzeuge sollten effizient sein und die Handgriffe erleichtern. Man kümmerte sich umeinander, hatte eine Schwester zwei ungleich lange Beine, gab es jemand der einen Schuh anfertigte, um dies auszugleichen. Wiegen in verschiedenen Größen erzählen in Weil nicht nur davon, dass die Shaker Kinder aufnahmen, sondern, dass sie auch versuchten, Kranken und Sterbenden Erleichterung zu verschaffen. Diese Objekte mögen Gottesdienst gewesen sein, sie sind dennoch zutiefst human.
Shaker. Weltenbauer und Gestalter. Vitra Design Museum, Charles-Eames-Str. 2, Weil. Bis 28.09.25.
Bildnachweis: Umhänge aus Wolle Foto: © Vitra Design Museum / Alex Lesage, mit freundlicher Genehmigung des Shaker Museum, Chatham, New York





