Nachhaltig Stadtleben

Tigermücke auf dem Vormarsch: Jede:r Einzelne ist gefragt, um die Gefahr der Tigermücke zu minimieren. Die Stadt Freiburg ruft zum Mitmachen auf

Ein Fall in Frankreich sorgte vor Kurzem für Aufsehen unter Virologen: In Lipsheim bei Straßburg, nur wenige Kilometer von

Tigermücke auf dem Vormarsch: Jede:r Einzelne ist gefragt, um die Gefahr der Tigermücke zu minimieren. Die Stadt Freiburg ruft zum Mitmachen auf

Ein Fall in Frankreich sorgte vor Kurzem für Aufsehen unter Virologen: In Lipsheim bei Straßburg, nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, wurde erstmals eine Chikungunya-Infektion festgestellt, die nicht mit einer Auslandsreise in Verbindung steht. Überträgerin ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), die sich in den vergangenen Jahren auch in Deutschland zunehmend ausbreitet und auch in Freiburg und vielen anderen Teilen Süddeutschlands längst angekommen ist. Was bisher wie ein exotisches Problem wirkte, ist damit ganz in unserer Nähe real geworden.

Die invasive Stechmücke aus Südostasien ist nicht nur lästig, sondern potenziell gefährlich. Mit zunehmender Verbreitung und steigenden Temperaturen wächst die Gefahr, dass die Mücke auch bei uns tropische Krankheiten wie Dengue, Zika oder Chikungunya überträgt. Die Asiatische Tigermücke stammt ursprünglich aus Südostasien, wird jedoch seit Jahren durch globalen Warenverkehr und Reisetätigkeit auch in Europa heimisch. Die Tigermücke ist klein (3–8 mm), aber auffällig durch ihre schwarz-weiß gestreiften Beine und den weißen Längsstreifen auf dem Rücken. Anders als heimische Arten ist sie tagaktiv und sticht besonders aggressiv. Sie brütet in kleinsten Wasseransammlungen, wie dem Untersetzer auf dem Balkon, der vergessenen Gießkanne im Garten bis zur Pfütze im alten Autoreifen. Ihre Eier überdauern Trockenzeiten und können selbst Minustemperaturen überstehen. So entsteht das perfekte Umfeld für eine dauerhafte Ansiedlung. Doch genau dieses Brutverhalten macht es möglich, mit gezielten Maßnahmen in der eigenen Umgebung ihre Ausbreitung zu bremsen.

In Freiburg wurde die Tigermücke erstmals 2015 gesichtet. Heute sind fast alle Stadtteile betroffen. Allein in diesem Jahr wurden rund 700 Funde gemeldet. Die Stadt hat die Bekämpfung an die Firma ICYBAC übertragen, die in betroffenen Quartieren potenzielle Brutstätten aufspürt und mit einem biologischen Wirkstoff namens Bti, der gezielt Mückenlarven abtötet, behandelt. Doch bei der inzwischen erreichten Ausbreitung kann diese Maßnahme nur noch punktuell helfen. Die Stadt ruft daher alle Bürger:innen auf, selbst aktiv zu werden. Denn nur durch Mithilfe der Bevölkerung lässt sich eine weitere Verbreitung eindämmen. Aktuell verteilt Freiburg kostenfrei Bti-Tabletten, solange der Vorrat reicht, in Quartiersbüros. Apotheken dürfen sie aktuell nur mit Fachberatung abgeben, eine bundesweite Gesetzesänderung zur erleichterten Abgabe ist aber bereits beschlossen.

Verbreitung der Tigermücke in Freiburg; Copyright: Stadt Freiburg

Weitere Maßnahmen, die jeder zu Hause angehen kann, sind einfach, aber wirkungsvoll: Alle Gefäße im Freien, in denen sich Wasser sammeln kann, sollten regelmäßig geleert oder ganz entfernt werden. Vogeltränken und Hundenäpfe sollten mindestens wöchentlich gereinigt, versteckte Wasserquellen wie verstopfte Regenrinnen, Kinderspielzeug, Blumentöpfe überprüft werden. Regentonnen sollten mit engmaschigen Netzen abgedeckt oder mit Bti-Tabletten behandelt werden. Im Herbst empfiehlt die Stadt außerdem, alle Wasserbehälter gründlich zu reinigen, auszubürsten und trocken zu lagern, damit die Eier der Tigermücke den Winter nicht überdauern können. Sollte eine Tigermücke entdeckt werden, kann der Fundort per Mail an report@icybac.de gemeldet werden.

Die gesundheitliche Gefahr durch die Tigermücke wird bislang in Deutschland als gering eingeschätzt. Tropische Viren wie Dengue, Zika oder Chikungunya können sich nur dann lokal ausbreiten, wenn eine Mücke zuvor einen infizierten Menschen sticht. Solche Infektionen gibt es in Deutschland bislang nur als Reiserückkehrer-Fälle. Wer aus tropischen Ländern zurückkehrt, sollte deshalb mindestens 14 Tage lang besonders auf Mückenschutz achten. Das bedeutet lange Kleidung zu tragen, Insektenschutzmittel mit den Wirkstoffen DEET oder Icaridin zu verwenden und nachts unter Mückennetzen zu schlafen. Wer nach der Rückkehr Fieber, Gelenkschmerzen oder Ausschlag entwickelt, sollte ärztlichen Rat einholen.

Zur Bekämpfung der Tigermücke kommt fast ausschließlich ein biologischer Wirkstoff namens Bti zum Einsatz. Bti steht für „Bacillus thuringiensis israelensis“, ein Bodenbakterium, das ein für Mückenlarven tödliches Protein bildet. Dieses Protein wird von den Larven aufgenommen, zerstört deren Darmwand und führt so gezielt zum Absterben der Tiere. Für Menschen, Haustiere, Vögel oder andere Wasserlebewesen gilt Bti als unbedenklich. Auch Pflanzen und Böden werden laut Umweltbehörden nicht beeinträchtigt. Dennoch gibt es Stimmen, die vor möglichen Langzeitfolgen für das Ökosystem warnen. Besonders empfindlich reagieren einige andere Insektenarten, wie etwa Zuckmücken oder bestimmte Fliegenlarven, bei hoher Dosierung. Bisherige Studien zeigen allerdings, dass Bti in den üblichen Mengen, wie sie gegen Stechmücken eingesetzt werden, keine relevanten Schäden anrichtet. Ein weiteres Problem ist, dass Bti in der Natur nur wenige Tage wirkt und daher regelmäßig angewendet werden muss. Auch die Entwicklung langlebigerer Bti-Präparate wird in der Wissenschaft teils, mit Blick auf eine mögliche Anreicherung in sensiblen Lebensräumen, kontrovers diskutiert. Trotz dieser Unsicherheiten gilt Bti bislang als eine der umweltfreundlichsten Methoden zur Mückenbekämpfung. Wichtig bleibt, dass es sachgerecht und möglichst gezielt eingesetzt wird, am besten dort, wo andere Maßnahmen wie das Trockenlegen von Wasseransammlungen nicht ausreichen.

Mit dem Klimawandel steigen die Temperaturen, und mit ihnen die Wahrscheinlichkeit, dass sich solche Viren auch hierzulande in der Mücke vermehren können. Fachleute gehen davon aus, dass lokale Ausbrüche in Zukunft nicht mehr ausgeschlossen werden können. Die Tigermücke ist gekommen, um zu bleiben. In Freiburg und vielen anderen Städten entlang des Oberrheins hat sie sich bereits fest etabliert. Doch jeder kann dazu beitragen, ihre Vermehrung zu stoppen, auf Balkon, Terrasse, im Garten und im Hof. Durch konsequenten Mückenschutz im privaten Umfeld lässt sich ihre Ausbreitung eindämmen. Mit Aufklärung, Aufmerksamkeit und gemeinsamem Handeln lässt sich verhindern, dass aus einem lästigen Plagegeist ein echtes Gesundheitsrisiko wird.

Bildnachweis: Die Tigermücke lässt sich an den weißen Streifen erkennen; Copyright: Anuj/pexels

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Alisa Guschker