Zu jeder Jahreszeit ein Ort zum Innehalten: Zum „Alten Friedhof“ in Freiburg erscheint ein neues Buch
Das ganze Jahr über bietet einem die parkähnliche Anlage „Alter Friedhof“ Abstand vom städtischen Treiben, nicht nur im Trauermonat November. Umgeben von halbhohen Steinmauern liegt er mitten im Stadtteil Herdern und verfügt über mehrere Ein- und Ausgänge. Ab dem 16. Jahrhundert war er zentrale Begräbnisstätte, 1872 wurde er geschlossen. Heute steht er unter Denkmalschutz und konnte, dank Engagement der „Gesellschaft der Freunde und Förderer des Alten Friedhofs“, fast unverändert erhalten werden. Begraben sind hier bedeutende Familien, Politiker, Künstler, Kleriker und Professoren sowie sagenumwobene Frauen, wie etwa Caroline Walter, die 16-jährig starb; auf ihrem Grab liegt eine Skulptur mit Buch in der Hand, auf die immer neue Unbekannte Blumen legen. Auch viele andere Ruhestätten sprechen die Besucher an, zudem die ca. 1170 Grabinschriften, die z.B. lauten: „Sie starb (…) nur 22 Jahre alt, aber an Tugend, Vernunft und Sitten schon dem Himmel reif“ oder kurz: „Wer 77 Jahre gearbeitet, bedarf der Ruhe“.
Durch den unermüdlichen Einsatz der „Gesellschaft der Freunde und Förderer“ wurde der Ort – mit altem Baumbestand und bezaubernder Flora – im Laufe der Zeit zum Kultur- und Naturdenkmal entwickelt. So haben mehrere Kenner*innen, allen voran Ingrid Kühbacher und Corinna Zimber, sowie Hans Sigmund, Sandra Haas, Peter Hahlbrock, Bernhard Utz und Mona Djabbarpour, die historischen Zusammenhänge erforscht, eine Broschüre und nun ein Buch verfasst, das zwei Rundwege über das Areal vorschlägt und die Gräber erhellt; die Verstorbenen heißen etwa Montfort, Sautier, Wentzinger, Jacobi, Keller, von Berstett oder Mez. Zum Ort gehört auch die St. Michaelskapelle, versehen mit Decken- und Wandmalereien; Trauer und Verlust werden meist mit Erlösung und tröstlicher Hoffnung auf ein Jenseits verbunden: „O hört auf zu weinen / Einst wird ein Engel auf ewig wieder Euch mit mir vereinen“ (Grab 411).
Die Grab-Inschriften auf Steinplatten, Kreuzen und Bildbeigaben vermitteln auch Informationen zu politischen Ereignissen, weshalb die Autorinnen die Biographien in historische Zusammenhänge einordnen; damit wird das Buch auch zur Geschichtslektion. Als Taschenformat gestaltet, kann man es beim Gehen konsultieren oder auf einer der bequemen Bänke unter grünem Dach. Ein detaillierter Lageplan erleichtert die Erkundung dieser Oase mit ihren letzten Ruhestätten und denkwürdigen Botschaften (www.alter-friedhof-freiburg.de) – als könnten sie uns im Wispern der Blätter etwas zurufen.
Mona Djabbarpour & Corinna Zimber (Hg.). Führer über den Alten Friedhof in Freiburg. Rombach Verlag 2024
Bildquellen
- Neuveröffentlichung zum Alten Friedhof: © Rombach
- Der Schädel des Schmieds: Foto: Elisabeth Jockers