„Wir machen Gott obsolet“ – In Freiburg verfilmte Netflix-Produktion „Biohackers“ will viel und löst wenig ein
Am 20. August ging die deutsche Netflix-Original Produktion Biohackers an den Start, gedreht wurde in Freiburg. Mit großer Spannung erwartet, ist der Biotech-Thriller von Showrunner Christian Ditter (Türkisch für Anfänger, How to be Single) mittlerweile auf Platz zwei der hauseigenen Charts gestiegen – wir haben mal reingeschaut.
Folge 1, Minute 04:00: Mia klingelt, frisch in Freiburg angekommen, an der Tür ihrer zukünftigen WG. Geöffnet wird ihr von Lotta (Caro Cult), dreiviertelnackt und mit obligatorischem Bier am Morgen (immerhin: Tannenzäpfle) in der Hand. Außerdem wohnt hier Ole (Sebastian Jakob Doppelbauer), der sich mittels Youtube-Tutorials Magnetchips unter die Haut implantiert und die nicht unsympathische Chen-Lu (Jing Xiang), die viel zu schnell redet, genmanipulierte Pflanzen in ihrem Zimmer züchtet und sich ständig für ihr Wikipedia-Verhalten entschuldigt. Here we go, Alltagsrassismus. Überhaupt wirkt nicht nur das studentische Setting, in dem die Handlung von Biohackers größtenteils verortet ist, sondern auch das übergreifende Thema rund um synthetische Biologie und Genforschung klischeebeladen und einfallslos inszeniert.
Dass der naturwissenschaftliche Schwerpunkt der Serie dabei von zwei starken Frauenfiguren getragen wird, ist zwar begrüßenswert, tröstet aber nicht über die schwache Story hinweg, die schnell zusammengefasst ist: Junge Medizinstudentin versucht böser Professorin (Jessica Schwarz) und deren illegalen Experimenten auf die Schliche zu kommen, dazu eine persönliche Verwicklung, etwas romantisches Geplänkel unter Studis und viel Petri-Schalen-Gedöns. Wem das alles irgendwie bekannt vorkommt – der Kinoschlager Anatomie (D 2000) mit Franka Potente und Benno Fürmann, der übrigens auch eine Nebenrolle in Biohackers bekleidet, folgt nicht nur quasi der gleichen Geschichte, sondern wurde ebenfalls vom Münchner Studio Claussen + Putz produziert. Das alles wird in Biohackers nun abermals nach gängigen Thrillerkonventionen aufgerollt, etwaige Ungereimtheiten löst die Serie durch weitschweifige Rückblenden und Erklärdialoge, sodass am Ende auch bitte nichts unklar bleibt. Mit eingeübten Seh- und Erzählstrukturen zu brechen oder gar mal ein Geheimnis ungelüftet zu lassen, wie es 2017 die erste Staffel der Vorzeigeproduktion Dark mutig vorgemacht hat, liegt hier denkbar fern. Schade, wo es doch nun wirklich genug deutsche Serien gibt, die an 08/15-Storys, eindimensionalen Charakteren und fehlendem Innovationswille scheitern.
Aber: Freiburg. Ja, die Stadt wird, das kann man nicht anders sagen, schön in Szene gesetzt. Zu schön vielleicht. Denn nach der x-ten sommerabendlichen Fahrradfahrt über die Blaue Brücke, den zahllosen Drohnenaufnahmen und der stereotypen Darstellung des Studilebens wirkt Biohackers stellenweise eher wie ein Imagefilm der Freiburger Tourist-Info als wie der düstere Sci-Fi-Thriller, der es sein will. Die Inszenierung krankt zu sehr am fehlgeleiteten Perfektionismus der Regisseur*innen und dem Netflix-typischen production value, als dass sich beim Zusehen der erhoffte Spaß am Wiedererkennen einstellt – eine leuchtende Maus in der UB entlockt da zwar ein Schmunzeln, reichen tut das aber nicht.
Bildquellen
- Filmstill: Hauptdarstellerin Luna Wedler alias Mia Akerlund jagt eine fluoreszierende Maus durch die UB: Netflix