„Wir haben keine Chance. Aber die gilt es zu nutzen“
Oberbürgermeister Dieter Salomon gibt sich auf der Kundgebung für den Erhalt des SWR-Sinfonieorchesters kämpferisch.
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Der Südwestrundfunk lässt keine Gelegenheit aus, die Endgültigkeit der vom Rundfunkrat 2012 beschlossenen Orchesterfusion zu betonen. „Der Zug ist abgefahren“, sagte Johannes Bultmann, der künstlerische Leiter der SWR-Klangkörper, im April in einem Interview mit den Stuttgarter Nachrichten unmissverständlich. Der SWR-Verwaltungsratsvorsitzende Hans-Albert Stechl betonte im Gespräch mit der Badischen Zeitung vom 12. Mai den Spardruck des Senders. In Freiburg ist das Thema allerdings nicht abgehakt. Das zeigte eine große Demonstration in der Freiburger Innenstadt unter dem Motto „attacca“ mit über 1000 Teilnehmern, die in einer Kundgebung auf dem Augustinerplatz mündete. Eine Woche vor der Kommunal- und Europawahl ließ sich viel politische Prominenz auf der Bühne blicken. Der vorliegende Antrag der Freiburger Gemeinderatsfraktionen, bei einem Erhalt des Orchesters ab 2016/17 jährlich auf Konzerthaus-Mieteinnahmen von rund 350 000 Euro zu verzichten, wurde von allen Rednern begrüßt und als klares Signal gegenüber der Landesregierung und dem SWR verstanden. Zum ersten Mal sprach auch der grüne Oberbürgermeister Dieter Salomon, der bislang keine klare Position bezogen hatte, öffentlich zu diesem Thema. Bei der großen Demonstration im Sommer 2013 auf dem Rathausplatz hatte Salomon noch gefehlt. Mit dem Spontispruch „Wir haben keine Chance. Aber die gilt es zu nutzen“ gab er sich durchaus kämpferisch, wies aber darauf hin, dass der SWR bislang alle Alternativmodelle grundsätzlich abgelehnt habe. Salomon signalisierte gegenüber dem bissig-charmanten Moderator Matthias Deutschmann Bereitschaft, an Gesprächen aktiv mitzuwirken und die Orchesterfreunde auch bei der Sponsorensuche zu unterstützen. Zu seinem Parteikollegen und Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der sich bislang nicht zuständig fühlte und am 2. Mai die Annahme der über 31 000 Unterschriften gegen die Orchesterfusion verweigerte, äußerte sich Salomon ebenfalls: „Der böse Bube sitzt in Stuttgart. Und der heißt nicht Kretschmann, obwohl der eine Rolle spielt – sondern er heißt Boudgoust. Und man muss schauen, dass er da wieder einen Rückweg findet.“
Während Maria Viethen (Grüne), Fraktionsvorsitzende im Freiburger Gemeinderat, und Landtagsabgeordnete Gabi Rolland (SPD) die Rolle der Landesregierung eher darin sehen, in einem alternativen Finanzierungsmodell den „Schlussstein“ zu setzen, hielten es Vertreter der CDU (MdB Matern von Marschall, MdL Helmut Rau) und Atai Keller von der Freiburger Kulturliste für wichtig, dass das Land in Vorleistung gehe, um Bewegung in die Gespräche zu bringen. „Freiburg wird es nicht hinnehmen, dass dieses Orchester aufgelöst wird“, betonte Michael Moos (Linke Liste). Gefordert wurde von vielen Rednern ein Runder Tisch, der alle Beteiligten zusammenbringe. Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae (Grüne) berichtete von intensiven Gesprächen hinter den Kulissen, die einen Erhalt des SWR-Sinfonieorchesters zum Ziel haben. Und möchte auf Bundesebene zusätzliche Gelder anfragen, die in einem Fonds für zeitgenössische Musik angelegt werden. Nach dem neuesten Stiftungsmodell, das einen Erhalt der Orchesters sichern könnte, handelt sich um einen jährlichen Betrag von rund 2,5 Millionen Euro, der durch das Land, die Stadt, Sponsoren und Privatspendern finanziert werden müsste. Voraussetzung wäre allerdings, dass der SWR den übrigen Betrag von jährlich rund 8,5 Millionen Euro übernimmt. Dies hat der Sender bislang kategorisch abgelehnt.
Georg Rudiger
Was an den Äußerungen von OB Salomon kämpferisch sein soll, erschließt sich für mich nicht. Er laviert als Grüner nur herum zwischen anstehender Kommunalwahl, seinem eigenen Willen zum Sparen und seinem Parteifreund Kretschmann in der Landesregierung.
Das Schaustück wird begleitet von abwartenden, zurückhaltenden Äußerungen der umgebenden „grünen“ Weiblichkeit, die auf intensive Gesprächsbemühungen und eine Runden Tisch verweist.
Sich eindeutig für eine Sache einaetzen sieht anders aus. Es geht den PolitikerInnen ja auch nur Zeitgewinn, damit die Widerstände aus der Bürgerschaft sich allmählich von selbst abschleifen und das Schlucken der Kröte nicht mehr so weh tut.