Schon seit Jahrhunderten wird im Glottertal Weinbau betrieben. Die älteste Erwähnung der Reben stammt hierbei aus dem Jahre 1585. Wie sooft in der Geschichte ging es auch mit den Glottertäler Reben auf und ab. Im 17. Jahrhundert kam der Anbau weitgehend zum Erliegen, ehe der Schlossherr Karl von Kleinbrodt 1770 aus dem Schlossberg einen groß angelegten Weinberg machte. Viele Bauern sahen zu dieser Zeit in der Anpflanzung von Reben eine große Zukunft, sodass der Höchststand des Weinbaus im Glottertal bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erreicht wurde. Die Weinstöcke wurden selbst in höchste Steillagen gesetzt, was damals wie heute einerseits eine hervorragende Qualität bescherte, andererseits indes auch eine mehr als außergewöhnliche Arbeitsanstrengung hervorrief.
Weinhändler und Wirte, die den Glottertäler Wein sehr schätzten und ebenso gerne verkauften, wussten aber die Arbeit der Winzer nicht immer zu würdigen und so ergaben sich nach dem Zweiten Weltkrieg große Absatzschwierigkeiten verbunden mit einem Preisverfall auf etwa 80 Pfennig pro Liter allerbesten Weines. Es mussten Lösungen gefunden werden und trotz sehr großer Skepsis schlugen einige Winzer nach dem Vorbild bereits weniger bestehender Winzer-genossenschaften in Baden vor, auch für das Glottertal einen Winzerverein zu initiieren. Erste Gedanken hierfür machten sich im Juni 1950 Hermann Disch, Karl Mack und der damals junge Küfer Franz Feser gemeinsam mit Bürgermeister Josef Herbstritt und unterstützt von Verbandsrevisor Schmidt aus Eichstetten. Gute Weine – wenig Geld – war ein unhaltbarer Zustand. Als dann im Herbst 1950 mehr als 100 Hektoliter Wein in den Zubern und anderen schlimmen Gefäßen herumstanden, lud Bürgermeister Herbstritt aus dem Ortsteil Ohrensbach in den Bürgersaal ein, um die Glottertäler Winzergenossenschaft ins Leben zu rufen. 16 Winzer folgten der Einladung und 13 wurden schließlich Gründungsmitglieder.
Klein aber fein ist die Winzergenossenschaft Glottertal bis heute, immer noch eine der kleinsten selbstvermarktenden ihrer Art in Baden überhaupt, 150 Winzerfamilien mit einer Gesamtrebfläche von nur 60 Hektar. Dafür erfolgt bis in unsere ansonsten hochtechnisierte Zeit die Traubenlese nach wie vor per Hand, denn Maschinen sind in den teils extremen Steillagen immer noch nur spärlich einsetzbar. Die Glottertäler Winzer/Innen kennen somit hier noch jeden ihrer Weinberge „persönlich“. Die Granit-Gneis-Verwitterungsböden „schmecken“ nicht nur der Spezialität Spätburgunder-Weißherbst sondern auch allen anderen Burgundersorten. Gewürztraminer und Müller-Thurgau gedeihen ebenfalls prächtig an den Südhängen, die zu den steilsten und höchstgelegenen Weinbergen in ganz Deutschland zählen. Die Philosophie der Genossenschaft, hohe Weinqualität aus sehr geringem Traubenertrag gilt auch für die Sekte aus Rosé und Riesling und für den neu im Programm erscheinenden Pinot Noir Blanc de Noir trocken, der sich durch die feine Frucht und Cremigkeit der Burgunderrebe auszeichnet.
Die Glottertäler Weine persönlich zu testen, dafür empfiehlt sich das Jubiläumswochenende vom 2. bis 4. September. Also – auf ins schöne Glottertal!
Sahar F. Kratz