Was ist eigentlich das Willow Project?
Im März sorgte die US-Regierung mit der Genehmigung eines Projektes für weltweite Proteste – Greenpeace und andere Umweltschutzorganisationen haben bereits Klage eingereicht. Es geht um das sogenannte Willow Project, das, so kritische Stimmen, in erster Linie noch einmal die Kassen amerikanischer Ölkonzerne klingeln lassen soll. So genehmigte die US-Regierung dem Ölkonzern Conocophillips drei neue Bohrplattformen im Norden Alaskas. Diese liegen innerhalb der National Petroleum Reserve Alaska, einem 93 Millionen Hektar großen Gebiet und die größte unberührte Fläche im ganzen Land. Nach Angaben des Ölkonzerns soll das Willow Project täglich bis zu 180.000 Barrel Öl fördern. Insgesamt sollen so in den kommenden 30 Jahren 600 Millionen Barrel Öl gefördert werden – und das, nachdem der amtierende Präsident Joe Biden in seinem Wahlkampf 2020 immer wieder betonte, dass es mit ihm keine neuen Ölfelder geben werde: „Periodt, periodt, periodt“, was so viel wie „Schluss aus Ende, Punkt!“ bedeutet. Nach zwei Jahren Amtszeit steht an dieser Aussage jetzt wohl doch kein „Punkt aus Ende“ mehr, sondern ein ziemlich dickes Fragezeichen. Die Regierung erklärt, dass das Fragezeichen gar nicht so groß ist, denn man habe schließlich nicht das gesamte Projekt genehmigt, sondern sogar zwei von fünf beantragten Bohrplattformen abgelehnt. Das Projekt fällt nun 40 Prozent kleiner aus als geplant – Umweltschutzorganisationen halten die restlichen 60 Prozent noch immer für zu viel. Das dürfte die Regierung allerdings nur wenig interessieren. Denn die Wirtschaft des Landes wankt, Inflation und Energiekrise haben auch die USA stark getroffen – die Benzinpreise sind auf Höchstniveau und, das ist nun einmal traurige politische Realität, die Vorbereitungen für den Wahlkampf 2024 laufen, die Energieversorgung wird hier ein dominierendes Thema werden.
Die Auswirkungen des Willow Projects
Zunächst einmal die positive Seite: In der Region von Alaska wird das Willow Project weitestgehend begrüßt. Die Bevölkerung, die unter Arbeitslosigkeit leidet, erwartet einen massiven Aufschwung, viele Arbeitsplätze und Möglichkeiten, neue Firmen und Vertriebswege zu etablieren. Versprochener Reichtum hinterlässt also wohlwollende Gemüter. Doch was bedeutet das Projekt für den Lebensraum in Willow, Alaska? Erst einmal ein Hardfact: Die Ölförderung in Willow wird in den kommenden 30 Jahren voraussichtlich 263 Millionen Tonnen an Treibhausgas-Emissionen erzeugen – jährlich sollen es rund 9,2 Tonnen sein, das entspricht dem CO2 Ausstoß von rund zwei Millionen Autos. Das Klimaziel, die USA bis 2050 klimaneutral zu machen, wird mit Neuzulassungen dieser Art immer unwahrscheinlicher. Greenpeace bezeichnet das Projekt als „eine historische Klimasünde und ein Schlag ins Gesicht für alle jungen Menschen und zukünftige Generationen.“ Die britische Kolumnistin des Guardian, Rebecca Solnit, schrieb, dass das Willow Project „ein terroristischer Akt gegen das Klima“ sei. Terroristisch auch deshalb: auf den 93 Hektar unberührtem Land herrscht eine nahezu einmalige Diversität einheimischer Tier- und Pflanzenarten. Eisbären, Robben und Co, deren Lebensraum ihnen durch den menschengemachten Klimawandel sowieso schon unterm Hintern wegschmilzt, werden massiv in ihrer Existenz bedroht. Nicht nur das: neben Umweltschutzorganisationen hat eine weitere Bevölkerungsgruppe Klage eingereicht. Denn das Land, auf dem die Ölbohrungen stattfinden sollen, gehört zum Teil der indigenen Bevölkerung Alaskas. Sie werden vertrieben, ihrem Lebensraum beraubt und das vom weisen Mann, der sich an ihrem Land bereichern möchte. Doch darüber liest man kaum. Warum auch? Welche Stimme haben Indigene in einer Gesellschaft, die sie in ihrem eigenen Land in Reservate sperrt? Wenig könnte man behaupten. Das Willow Project ist mehr als nur eine Sünde gegenüber dem Klima, denn es zeigt uns schmerzhaft, wo unsere Gesellschaft wirklich erkrankt ist.
Auf change.org haben Umweltschutzorganisationen die Petition „Biden Administration and ConocoPhillips: SAY NO TO THE WILLOW PROJECT!“ erstellt. Bereits 4.968.741 Menschen weltweit (Stand: 28.3.2023) haben diese unterzeichnet.
Bildquellen
- Demonstrant am 3. März vor dem Weißen Haus: Foto: IMAGO / NurPhoto
- Eine Bohrplattform des Ölkonzerns im Westen Alaskas: © ConocoPhillips Company