Vom Sternenhimmel zur Sprache in Kriegszeiten: Das 38. Freiburger Literaturgespräch steht unter dem Motto „Es beginnt der Tag“
Vielleicht ist der Sternenhimmel die erste Bildergeschichte der Menschheit. Eine Geschichte zudem, die sich jede Kultur anders erzählt. Der österreichische Autor Raoul Schrott hat sie vom Himmel heruntergeholt und in seinem „Atlas der Sternenhimmel“ kartografiert. Jede Kultur sieht in der Formation der Sterne das, was für sie die Welt zusammenhält. Sein Buch, über 1200 Seiten stark, ist noch nicht erschienen, doch am 7. November wird er mit dem Atlas das 38. Freiburger Literaturgespräch eröffnen. Diesmal beginnt diese feste Institution des Freiburger Kulturlebens im Historischen Kaufhaus.
Am Freitag geht es mit einer Lesung von Ole Könnecke für Kinder ab sechs Jahren weiter und am Abend wird der Leipziger Autor Clemens Meyer zusammen mit Andreas Platthaus von der FAZ über den Roman „Die Projektoren“ sprechen. Auch Meyer legt mit seinem Roman ein Schwergewicht vor, das eine Geschichte der Gewalt schreibt. Der eigentliche Kern des Literaturgesprächs ist der Samstag mit seinen sechs Lesungen. So ist die Peter Huchel-Preisträgerin Anja Utler zu Gast, deren Gedichtzeile „Es beginnt der Tag“ der diesjährigen Ausgabe sein Motto leiht. Lene Albrecht mit „Weiße Flecken“ und Lin Hierse mit „Das Verschwinden der Welt“ kreisen in ihren Büchern um Familiengeschichten und Erinnerungen, die bei Albrecht zudem die deutsche Kolonialgeschichte berühren. Ein in Italien verdrängtes Kapitel – der Rückzug der italienischen Armee vor der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg behandelt am Nachmittag Francesca Melandri in ihrem Buch „Kalte Füße“. Auch bei der italienischen Autorin überlagern sich Vergangenheit und Gegenwart. Der Vater Melandris gehörte zu den wenigen, die den Rückzug überlebten. Ein Blick auf die Karte zeigte ihr, dass ihr Vater durch die Ukraine marschierte. Am Samstagnachmittag sind zudem Katja Lange-Müller mit ihrem neuen Roman „Unser Ole“ zu Gast wie auch Necati Öziri. Das Debüt des Autors „Vatermal“ erzählt von einer schwierigen Adoleszenz. Wer dann noch nicht genug von Büchern hat: Am Abend wird Davide Ferrarios Film „Eine Bibliothek der Welt“ aus dem Jahr 2022 gezeigt, er stellt nicht nur Umberto Ecos Bibliothek vor, sondern ist auch ein Porträt des Autors.
Erneut zu Gast in Freiburg ist die Düsseldorfer Autorin Mithu Sanyal, sie stellt ihren neuen Roman „Antichristie“ vor, in dem es auch um die Kontinuität des Kolonialismus geht. Den Abschluss findet die diesjährige Ausgabe des Freiburger Literaturgesprächs mit dem Gespräch zwischen Sivan Ben Yishai und Iva Zic, das mit „Vertrauen in das Wort“ überschrieben ist. Es ist zugleich der Titel eines Essays der israelischen, in Berlin lebenden Dramatikerin Ben Yishai, in dem sie von den Schwierigkeiten schreibt, nach dem 7. Oktober 2023 sich über Israel, Palästina und die Debatte darüber überhaupt zu äußern.
Tickets: www.literaturhaus-freiburg.de
Bildquellen
- Raoul Schrott: © Christoph Greussing