Kunst

Vika Prokopaviciute erhält den Van Look Preis 2023 und ist mit einer Ausstellung im E-Werk zu sehen

„Wir können unseren Raum nicht mehr beliebig vermehren, wenn er verbaut und verbraucht ist. Wohl wissen wir das alles, doch Konsequenzen ziehen die wenigsten von uns. Appelle werden kaum wahrgenommen, die sich für eine vorausschauende Umweltpolitik einsetzen.“ Es dürfte überraschen, dass diese Worte von einem Künstler, keinem Aktivisten stammen. Für den Freiburger Maler, Glasmaler, Bildhauer und Philosophen Hans-Günther van Look fallen künstlerisches und gesellschaftspolitisches Wirken ineinander. Seit den 70er-Jahren engagiert er sich in Reden und Stellungnahmen für den Erhalt der Umwelt.
Diese Verpflichtung trägt der Künstler auch über seinen Tod 2007 hinaus an junge Talente heran. Der alle zwei Jahre von der Van Look Stiftung vergebene Van Look Preis für bildende Kunst richtet sich an Kunstschaffende, die mit wachen Augen sehen. Van Looks Blick war von der phänomenologischen Methode Edmund Husserls geprägt. Das Phänomen Licht war ihm ein künstlerisches Leitthema, ebenso der Raum. Eine forschende Arbeitsweise im Sinne eines „artiste-chercheur“ war für den ambitionierten Künstler ebenfalls kennzeichnend.
In diesem Sinne ausgezeichnet darf sich 2023 die littauische Künstlerin Vika Prokopaviciute (*1983) wissen. Vika Prokopaviciute setzt sich forschend mit dem Thema Raum auseinander, denkt und arbeitet in räumlichen Bezügen.
So kann die Grundstruktur eines Heizkörpers oder einer halb geöffneten Glastür zum abstrakten Motiv werden, das sich von Bild zu Bild verändert, bis es verschwindet. Prokopaviciute hat Architektur in Samara (Russland) studiert, als Grafikerin gearbeitet und von 2012 bis 2019 ein Studium der Malerei an der Universität für Angewandte Kunst Wien absolviert.
Prokopaviciute beschäftigt sich mit der Bedeutung des Anthropozäns. Die in Wien lebende Künstlerin versucht, aus einer posthumanen Denkhaltung heraus zu malen. Ein solcher Perspektivwechsel provoziert die Frage, inwiefern es möglich ist, dass der Mensch seinen Anspruch auf Überlegenheit gegenüber anderen Arten und Intelligenzen aufgibt. Eine derart selbstkritische Reflexion stellt auch den eigenen, menschlichen Malprozess in Frage. Die Betrachtenden verlieren die klare Verortung gegenüber den Bildwerken Prokopaviciutes.
Stattdessen vibrieren und flimmern Strukturen, lösen sich auf oder werden wie bei einem Bildschirmschoner zu einer Endlosschleife verknüpft. Räumliches rotiert schwerelos, scheinbar irgendeinem Algorithmus folgend. Eine KI indes malt hier nicht. Immer wieder tritt Unerwartetes wie einzelne Pinselstriche oder Partien unbemalter Leinwand vors Auge.
Der Preis, der vor allem durch die Vermietung von Gemälden aus dem Nachlass Hans-Günther van Looks finanziert wird, wird am 1. April, 18 Uhr im E-Werk verliehen.

Die Werke der ausgezeichneten Künstlerin Vika Prokopaviciute sind in der Galerie des E-Werks in Freiburg zu sehen. Öffnungszeiten: Do/Fr 17–20 Uhr; Sa 14–20 Uhr; So 14–18 Uhr. Bis 30.04.2023. gegenwartskunst-freiburg.de/galerie-fuer-gegenwartskunst

Bildquellen

  • Vika Prokopaviciute: „Very Accessible Painting“: © kunst-dokumentation.com