Kunst

Unzeitgemäße Körperbilder: Die E & K Stiftung widmet Franziska Plate-Gies eine Hommage

Franziska Plate-Gies: „Sprung“
© E&K Stiftung

Zu Weihnachten 1992 widmete Franziska Plate-Gies dem befreundeten Künstlerpaar Sandra Eades und Reinhard Klessinger zwei Flügelwesen. Jetzt ist der Linolschnitt in der E&K Stiftung zu sehen bis zu Franziska Plate-Gies‘ Geburtstag im Februar. Sie wäre im nächsten Jahr 100 Jahre alt geworden. Ein Großteil der gezeigten Arbeiten ist aus eigenen Beständen, manche Werke sind durch Tausch in die Sammlung gekommen und auch die Tochter der 2013 verstorbenen Franziska Plate-Gies hat zu dieser Hommage ihren Teil beigetragen. Es ist also eine sehr persönliche Ausstellung; die Wolkenstudien etwa hatte die Künstlerin als Postkarte von der Insel Baltrum geschickt.
Wie sehr Plate-Gies im regionalen Kunstschaffen eine feste Größe war, lässt sich in der Auflistung der Ausstellungen in der begleitenden Publikation noch einmal nachvollziehen. Plate-Gies hatte an der Kunst- und Werkschule Offenbach studiert und im Anschluss Anfang der 1950er Jahre ihre Ausbildung an der Hochschule für Gestaltung Köln als Meisterschülerin abgeschlossen. Ihre Malerei ist keine geschmeidige Position. In ihrer unablässigen Thematisierung des Körpers steckt eine große Portion Beharrlichkeit. Und neben wenigen (Wolken)Landschaften liegt der Fokus dieser Ausstellung auf den Körperbildern. 1984 malt sie in Temperatechnik auf Reispapier einen „Springer“. Die Figur ist vom Betrachter abgewandt, hat die Beine angewinkelt, und um sich im Gleichgewicht zu halten, die Arme ausgestreckt. Schwach erkennt man auf dem roten Hintergrund eine Art Bewegungsbild der Figur. Als sei sie dem Abgrund schon ein bisschen näher. Sechszehn Jahre später entstehen auf einem ganz ähnlichen mit breitem Pinsel gemalten Hintergrund sechs Figuren, die in unterschiedlichen Positionen, mit unterschiedlichen Arm- und Beinhaltungen dargestellt sind. Es scheint als hätte sie unmittelbar an der früheren Arbeit angeknüpft. Die Körper, die sie malt, wirken so geschlechts- wie alterslos. Als seien es ständige Begleiter, die im Laufe eines Lebens sich weder verändert hätten noch aus sich heraustreten würden – alles Individuelle, jede Spur des Lebens ist hier ausgespart. Stephan Berg, der in der Katalogbroschüre mit einem Beitrag vertreten ist, versteht diese Figuren als „Erforschung der eigenen Befindlichkeit“. „Blick- und gesichtslos wie sie sind, wollen diese Körper nicht in erster Linie von uns etwas wissen, sondern von sich selbst“, schreibt er.
Dies lässt sich auch über einzelne Glieder, Ohrmuscheln oder Hände sagen. Immer scheint es um die zeichenhafte Ausdrucksfähigkeit des Körpers zu gehen. Franziska Plate-Gies mag sich in diesen Körperbildern gespiegelt haben, doch sie sind derart offen, dass sie auch ein Angebot an die Betrachtenden sind. Das hat sie uns hinterlassen und ist neu zu entdecken.

Franziska Plate-Gies zum 100. Geburtstag. E & K Stiftung, Luisenstr. 1, Freiburg. Mittwoch 17-20 Uhr. Bis 15.02.2023.

Bildquellen

  • Franziska Plate-Gies: „Sprung“: © E&K Stiftung
  • Franziska Plate-Gies: „Sechs Figuren“: © E&K Stiftung