„Und ewig lockt das Weib“
„Picasso und die Frauen“ – Ausstellung in der Kunsthalle Messmer in Riegel
Maler und Modell im Atelier, ja deren Polarisierung, das ist ein wesentlicher Aspekt des Schaffens von Pablo Picasso (1881-1973), dem sich derzeit eine Ausstellung in der Kunsthalle Messmer widmet.
Frauen waren für ihn eine permanente Quelle der Inspiration, er stellte sie in allen erdenklichen Variationen dar und man kommt nicht umhin festzustellen, dass sich Stil und Technik – je nach Frau, Freundin oder Gefährtin – bei ihm veränderten: Es begann 1904, mit Fernande Olivier lebt er im Pariser Bateau-Lavoir; sie stand Modell für das Gemälde „Les Demoiselles d‘Avignon“, das als Meilenstein des Kubismus gilt.
Die nächste Geliebte, Eva Gouel oder „Ma Jolie“, starb 1915 und hat kaum Spuren hinterlassen. Weiter ging es 1918 mit der oft porträtierten Olga Koklowa, sie gab ihre Tanzkarriere auf, wird seine erste Ehefrau und bringt 1921 Sohn Paolo zur Welt. Bald entsteht nebenbei eine Beziehung zur 17-jährigen Maria-Thérèse Walter (1909-1977); fast immer hat er diese Herzdame in hellen Farben gemalt, im Kontrast zu den eher tristen Bildnissen ihrer Nachfolgerin Dora Maar, Fotografin und Malerin, die den Entstehungsprozess seines Gemäldes „Guernica“ begleitet und darin als „Weinende Frau“ zu sehen ist (ihre eigene Künstlerlaufbahn kommt zum Erliegen und bald auch die Beziehung zum Angebeteten).
Eines der wenigen Ölgemälde in der Ausstellung, die ansonsten vor allem mit druckgraphischen Werken bestückt ist, zeigt sie niedergedrückt: “Dora Maar, tête renversée” (1939). 1944 lernt Picasso Françoise Gilot (*1921) kennen, die in der imposanten Farblitographie „Figure au corsage rayé” zu erahnen ist; doch die Auserwählte verlässt ihn 1953, wonach der gekränkte Matador 1964 (juristisch erfolglos) gegen ihre Autobiographie „Leben mit Picasso“ vorgeht. Letzte Ehefrau wird Jacqueline Roque (1927-1986)), sie hat Picasso hunderte Male auf markante Weise gemalt, meist im Profil (z.B. „Bildnis Madame Z“ und „Jacqueline im Atelier“). Kurzzeitig wird 1953 die 19jährige Sylvette David wichtig, sie regte ihn 1953 – mit ihrem neckischen Pferdeschwanz – zu einer Porträt-Serie an; die Beziehung zu ihr blieb ebenso platonisch wie die zu Angela Rosengart, behütete Tochter eines Kunsthändlers, die in fünf Gemälden verewigt ist.
Einige von Picassos „Musen“ waren selbst künstlerisch tätig, konnten sich jedoch aus seinem Schatten kaum lösen; in Riegel werden momentan Werke von ihnen gezeigt, darunter Gemälde von Françoise Gilot, Zeichnungen von Dora Maar und Fernande Olivier sowie Arbeiten von Sylvette David alias Lydia Corbett; deren Bedeutung ist allerdings schwer einzuschätzen, wobei sich aber sagen lässt, dass Picassos Frauen kaum zu den Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts gehören, die einen konsequent individuellen Beitrag zur Kunstgeschichte leisten konnten.
Festzustellen bleibt hingegen, dass sich die Kunst im 20. Jahrhundert von Picassos Art der Kolonisierung des Weiblichen teils bewusst gelöst hat; man denke an die Konkrete Kunst, die sich als unabhängig von äußeren Sachverhalten (Modell, Natur, Politik) begreift, sich Gesetzen der Optik, Farbe und Geometrie zuwendet. So werden neuen Sujets und ein anderes Verständnis von Künstler und Bild entwickelt, womit in das Kräftemessen zwischen unersättlichen Malern und narzisstischen Modellen endlich ein wenig Entspannung einzog. Doch prickelnd bleibt das alte Thema allemal.
Cornelia Frenkel
Picasso und die Frauen. Kunsthalle Messmer. Riegel. Di – So 10 – 18 Uhr. Bis 12. 11.2017.
www.kunsthallemessmer.de