Triptic – Kulturaustausch am Oberrhein
Kulturschaffende aller drei Länder, vereinigt euch!
Kultur kennt bekanntlich keine Grenzen. Dennoch scheint, sobald man eine Landesgrenze passiert hat, alles anders: Die Sprache, natürlich. Aber auch das Erscheinungsbild der Städte und Dörfer, die Verkehrsschilder, die Geräusche oder der Geruch, die Aura und der Flair…
Kultur lebt. Überall ist sie anderen Einflüssen ausgesetzt. Ob der Rhein zwischen Südbaden und der Nordwestschweiz bzw. dem Elsass wohl eher das allen Ländern Gemeinsame denn das sie Trennende verstärkt? Gibt es eine gemeinsame kulturelle Identität am Oberrhein?
Dieser Frage gehen in Triptic – einer Initiative der Schweizer Stiftung Pro Helvetia in Partnerschaft mit dem Kanton Aargau, Baden-Baden, den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt, dem Territorium von Belfort, Colmar, Freiburg im Breisgau, dem Kanton Jura, Karlsruhe, Lörrach, Mulhouse und Strasbourg – von September bis Mai Kulturschaffende aus dem gesamten Oberrheingebiet nach. Der Kultur Joker wird diesen spannenden Diskurs monatlich mit einer eigenen Seite begleiten.
Explizit spielt Triptic auf das Triptychon an, ein dreiteiliges Gemälde, das sowohl Offenheit wie Geschlossenheit symbolisiert. Entsprechend wurde das Ziel formuliert, mit Triptic neue Formen der Zusammenarbeit der Kulturinstitutionen zu fördern und die Vernetzung der Kulturschaffenden untereinander zu stärken.
Vergangenen Sommer konnten sich Kultureinrichtungen aller Sparten mit ihren Ideen bewerben. Die Ansprüche waren hoch, denn diese Projekte sollten nicht nur trinational, sondern auch nachhaltig und vor allem innovativ sein. Ferner mussten sämtliche antragstellende Institutionen aus dem Dreiländereck stammen, einzelne Künstler durften sich nicht bewerben. Von einer gleichsam trinationalen Expertenjury mit Vertretern aus allen Kunstsparten wurden schließlich 17 von über 50 Kulturprojekten ausgewählt.
Die hohe Zahl der Einreichungen lässt auf ein enormes Interesse an diesem grenzüberschreitenden Projekt schließen. Dafür bedurfte es einer gezielten Förderung, die mit 1.4 Millionen CHF allein von Pro Helvetia sowie weiteren Geldern von den Partnerstädten und Gebietskörperschaften aus Frankreich, der Schweiz und Deutschland ermöglicht wurde.
Solch breiter Schulterschluss zwischen allen drei Ländern eröffnet gerade auf kultureller Ebene eine völlig neue Dimension, da grenzüberschreitende Bemühungen in der Ober-rhein-Region bisher nahezu ausschließlich in den Bereichen von Politik, Wissenschaft oder Wirtschaft stattfanden, wohingegen sich kulturelle Projekte eher einzelnen Initiativen verdankten, für die jedoch keine Mittel bereitgestellt wurden. Die durch diese Ausschreibung ausgelöste starke Bewegung unter den Kulturinstitutionen am Oberrhein könnte einen wichtigen Schritt in Richtung europäisches Kulturzentrum bedeuten – speziell vor dem Hintergrund einer möglichen Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt bzw. Kulturregion Oberrhein.
Schon für die Erarbeitung eines Projektes für die Bewerbung mussten die Beteiligten über die Ländergrenzen hinweg aufeinander zugehen und sich – häufig zum ersten Mal – zusammenschließen, weshalb bereits im Vorfeld, also schon vor der Bewerbung ein wichtiges Ziel erreicht wurde. Darin liegt die große Stärke dieses Programms, das so in jedem Fall schon mal gewonnen hat.
Programmstart Mitte September
Ab Mitte September laufen die Projekte nach und nach in allen drei Ländern an. Das Programm startet mit Dance Trip, einer Kooperation des Theater Freiburg, der Kaserne Basel und der Straßburger Theater Le Maillon und Pôle Sud. Alle diese Institutionen eint der gemeinsame künstlerische Schwerpunkt der Performance und des zeitgenössischen Tanzes, der in diesem neu gegründeten Netzwerk nun gebündelt und forciert werden kann. In der ersten Saison ihrer Zusammenarbeit tauschen diese drei Häuser drei Produktionen der drei Choreografinnen Alexandra Bachzetsis, Yasmeen Godder und Itzik Giuli aus, um die Verbreitung des zeitgenössischen Tanzes in der Region des Oberrheins zu fördern.
Das von Julia Gerlach kuratierte Projekt Urban Sounds erkundet die auditive Typologie von Städten auf der Basis von Klängen und Geräuschen. Im Fokus steht die aktuelle Frage nach einer möglichen regionalen kulturellen Identität im Verhältnis zur globalen Identität, die sich durch zunehmende Internationalisierung und Migration herausgebildet hat. Klangkünstler durchleuchten städtische Räume und reflektieren sie mit klanglichen und musikalischen Mitteln.
Auch das neu gegründete Netzwerk Transborder erkundet akustisch mit Installationen, Performances und Interventionen die grenzenunabhängige Ortsspezifik des Dreiecklands. Ausgehend von der Prämisse, dass jeder Ort eine eigene Stimme habe, hinterfragt das Projekt unsere Hörgewohnheiten.
Die Veranstaltungsreihe Lichtlandschaften reflektiert mittels Lesungen, Filmprojektionen und Kunstinstallationen das Wesen des Lichts. Das Vitra Design Museum zeigt die erste große Ausstellung zum Paradigmenwechsel des Lichtdesigns des letzten Jahrhunderts. Eine Lichtkarte weist zudem auf Veranstaltungsorte sowie auf besondere Lichtsituationen und Kunstinstallationen im Dreiländereck hin.
Das Projekt motoco nutzt das Potential des kulturellen trinationalen Grenzraums als Ressource der Kreativarbeit. Hierbei wird es sich nicht nur den wesentlichen Unterschieden innerhalb der französischen, der schweizerischen und der deutschen Kultur des Designs widmen, sondern in einer ehemaligen Textilfabrik in Mulhouse auch einen idealen Ort der Zusammenarbeit in Produktion, Anwendung und Präsentation schaffen. Am Projekt sind Kunst- und Design-Hochschulen der Region und deren Absolventen, aber auch Galerien, Kuratoren, Event-Manager und Web-Designer beteiligt.
Mit einer kulturellen Umnutzung von Räumen stellt sich immer auch die Frage nach deren Geschichte. Dieser geht das Projekt Hotel California im Kunstverein Offenburg-Mittelbaden, dessen Ausstellungsräume in den Schlafsälen einer ehemaligen Kaserne untergebracht sind, mit einer Ausstellung, einem Symposium inklusive Produktion eines Katalogs nach. Dort erforschen Kunststudierende der Hochschulen HGK Basel, HEAR Strasbourg und hKDM Freiburg gemeinsam mit ihren Dozenten die räumlichen, architektonischen und historischen Bedingungen dieser Umwidmung eines Militärgebäudes zum „white cube“ und diskutieren ihre Folgen für die Wahrnehmung von Kunst.
Friederike Zimmermann
Termine im September
Eine chronologische Übersicht aller Veranstaltungen sowie weitere Informationen zu Triptic und den ausgewählten Projekten siehe unter: www.triptic-culture.net
Seit Ende August liegt zu Triptic bei den beteiligten Institutionen und Partnern sowie an öffentlichen Orten in allen drei Ländern eine eigene Programmzeitung mit Interviews und vielen Hintergrundinformationen aus.