Techno: Dunkelbunt, queer / Auf einen Kaffee mit … Lou alias Rigoros
Als wir uns im Café treffen, fällt mein erster Blick auf Lous Pullover. Schwarz, die einzigen Farbakzente gibt ein aufgedrucktes Waldmotiv: Äste, Blätter. Die Nähe zur Natur, zum Archaischen, Geheimnisvollen verkörpert auch das Image Lous, Künstlername Rigoros. Eine scharf geschnitzte Rune in der Form eines „R“ gibt das Logo für die Musik des Techno-Artists. Dabei steht sie nicht bloß für den Anfangsbuchstaben des Künstlernamens, sondern ähnelt auch der altnordischen Rune Raidho. „Raidho steht für den Lebensweg, den Lebensrhythmus.“ Der Künstlername „Rigoros“ soll dagegen den harten, strengen, vor allem aber hypnotischen Techno verkörpern, den der in Breisach geborene, in Freiburg lebende Künstler spielt.
Gut, passt. Techno wird meist mit dunkel gekleideten Gestalten verbunden, vielleicht noch mit Leder, hartem Sex, harten Drogen. Lou widerspricht. Zwar spielt er gerne düstere Sets, sieht die Techno-Bewegung aber nicht als konfrontative oder gar chauvinistische Subkultur. Das Image hätte sich erst in den letzten Jahren ausgebildet, vor allem über Social Media. Lou verweist auf die erste Hochzeit des Techno in den 90ern, als die Bewegung noch eine bunte Widerstandsbewegung war. Man feierte fröhlich, ausgelassen und nächtelang. So eigentlich bis heute, etwa auf Events wie dem Super Like, einer Party, die für Queerness, Sex und Safer Spaces steht (Anm. Schutzräume für diskriminierte Menschen). Als Person, die sich selbst offen und stolz als queer bezeichnet, fühlt sich Lou dort zuhause. Im Februar hat er, der sich auf seinem Instagram-Profil „Queergender Techno Artist“ nennt, dort selbst aufgelegt.
Lou lächelt freundlich, plaudert entspannt über seine Einflüsse, sein erstes stilbildendes Konzerterlebnis mit den britischen Breakbeat-Legenden von The Prodigy, von Underworld, The Chemical Brothers und Faithless. Harte Beats, düstere Atmosphäre und eine tolerante Attitüde widersprechen sich für Rigoros nicht. Überhaupt, so schränkt er ein, geht es ihm in erster Linie nicht um die Härte im Techno, sondern ums Hypnotische. Bei Rigoros stehen einfache Melodien im Vordergrund, solche, die sich langsam entwickeln, verschieben, dazu harte Drums und tiefe Bässe. „Du tanzt dich in Trance, wirst euphorisch. Als DJ kann ich die Leute auf eine Reise mitnehmen.“
Zusammen mit Freund*innen gründet Rigoros vorletztes Jahr die FRAGMENT Crew, hat bereits Raves an der Dreisam veranstaltet. Wenn das Feuertanz-Kollektiv Veranstaltungen organisiert, steht er für sie als Resident, als „Aushängeschild“ hinter dem DJ-Pult. Zur Vernetzung der queeren Partykultur ist Rigoros Teil des Netzwerks LocArtista. Und white tear? Beinahe vergesse ich, Lou danach zu fragen. Als white tear macht Lou melodischen, langsamen „Downtechno“. Auf seinem white tear-Künstlerbild sitzt er im Wald, wirkt zufrieden. Daneben ein Zitat von Tom Waits: „I like beautiful melodies telling me terrible things.” Das kommt überraschend. Aber warum auch nicht? Am Ende des Interviews ist klar, dass Techno, und damit auch Lous Musik, von Kontrasten lebt.
Bildquellen
- Lou alias Rigoros alias white tear: © Privat