Studentische Theatergruppen sind schockiert
Im Gespräch: Charlotte Großmann, Christopher Seiberlich, Mark Kessler vom Freiburger Interessenverband für studentisches Theater
Der Jubel im August war groß. Nach jahrelanger Suche nach einem Standort für das zukünftige Literaturhaus Freiburg schien die beste Option gefunden: Zentral, geschichtsträchtig und ausbaufähig – die Alte Uni! Gleich wurden Nägel mit Köpfen gemacht und Universitätsrektor Schiewer, Kulturbürgermeister von Kirchbach und Martin Bruch vom Literaturforum unterzeichneten eine Absichtserklärung, die den Einzug des Literaturhauses in die Bertoldstraße auf Januar 2016 terminiert. – Ein Schock für die acht dort beheimateten studentischen Theatergruppen, die von diesen Plänen erst aus der Presse erfuhren. Und sich seitdem mächtig auf die Hinterbeine stellen, bedeuten Umbau und Neukonzeption des Theatersaals doch eine existentielle Verschlechterung für die bisherigen Nutzer. Marion Klötzer sprach mit Charlotte Großmann, Christopher Seiberlich und Mark Kessler vom Freiburger Interessenverbund für studentisches Theater.
Kultur Joker: Das Literaturhaus will die Alte Uni beleben. Was bedeutet das konkret für euch?
Mark Kessler: Dieser Ort ist mit jährlich zwölf Premieren und rund 6000 Zuschauern schon sehr lebendig: In den Ensembles arbeiten über 120 Studierende unterschiedlicher Fakultäten und Nationalitäten zusammen und machen mit Herzblut hochkarätiges Theater. Die meisten Gruppen haben ein gemischtes, nicht nur studentisches Stammpublikum. Die maniACTs existieren schon seit vielen Jahrzehnten, Os Quasilusos feiern gerade ihr 15-jähriges Jubiläum und die Immoralisten haben den Sprung in die Professionalität geschafft. Das sind also keine Eintagsfliegen, die sich jedes Semester wie beim Uni-Sport neu zusammenfinden, das ist bunte Stadtkultur mit Tradition!
Charlotte Großmann: … Die jetzt gegen ein Prestigeobjekt ausgespielt wird. Wir stellen uns nicht prinzipiell gegen das Literaturhaus, aber die geplante Nutzung von 60:40 zu dessen Gunsten bedeutet, dass lediglich 2,5 Stücke pro Semester möglich sind, Probenpläne und Bühnenbau werden noch schwieriger. Denn schon jetzt ist die Alte Uni zu hundert Prozent ausgebucht – ohne adäquaten Ersatzraum bleibt ein Großteil der jetzigen Nutzer auf der Strecke.
Christopher Seiberlich: Zumal der geplante Umbau des Theatersaals unsere Lage erheblich verschlechtert: Bühne und Zuschauerraum werden kleiner, wir rechnen mit bis zu 50 Sitzplätzen weniger. Die Suche nach Alternativen ist schwierig, die Uni hat zwar jede Menge Räume für Lesungen und Vorträge – aber nur einen Theatersaal mit Bühne und Lichttechnik. Die Stadt selbst hat keine Vorschläge für Alternativräume gemacht und scheint uns in diesem Punkt nicht entgegenkommen zu wollen, sondern schiebt der Uni die Verantwortung zu.
Kultur Joker: Und ist wohl der Meinung, die studentischen Theatergruppen hätten traumhafte Bedingungen genossen und sollten sich nun flexibel zeigen.
Charlotte Großmann: Wir sind flexibel, bringen uns aktiv in Planungsausschüsse ein, obwohl die Vorstellungen da weit auseinander gehen. Viele der Nutzungs- und Umbaukonzepte sind von uns gekommen, wir sind sehr kooperativ. Zwar bekundet Rektor Schiewer Wertschätzung für unsere Arbeit und unser Bedarf wird mittlerweile wahr – und ernstgenommen, aber spruchreife Lösungen gibt es noch nicht. Die uns angebotenen Ersatzräume wie Lutherkirche, Pauluskirche oder Peterhofkeller verfügen nicht über die Basics einer technischen Infrastruktur, manche haben weder Heizung noch theatertaugliche Sicherungen. Eine wirkliche Option wäre lediglich der alte Kinosaal am Fahnenbergplatz, wobei auch der weder barrierefrei, noch zentral gelegen oder für den Theaterbetrieb ausgerüstet ist.
Christopher Seiberlich: Luxuriös waren auch die bisherigen Bedingungen nicht: Die Bereitstellung des Saals war die einzige, wenn auch wichtige Unterstützung der Uni – Finanzierung und Organisation der Theaterarbeit laufen komplett in Eigenregie. Die Uni hat einen Kulturauftrag und ohne Geld für die Aufrüstung möglicher Alternativräume wird es nicht funktionieren. Und die Zeit drängt: Ab August wird der Theatersaal umgebaut und wir stehen für unbestimmte Zeit vor verschlossener Tür. Ohne Ersatz wird es im Wintersemester keine Aufführungen geben.
Solidaritätsbekundungen: www.facebook.com/uniTheaterFreiburg