Standing Ovations für „LOVETRAIN2020“ des israelischen Choreografen Emanuel Gat im Theater Freiburg
Bombastisch-berührend-bezaubernde Bilderflut, tolle Musik ausschließlich von der britischen New-Wave-Band Tears For Fears und vierzehn fantastische Tänzer*innen – am Ende von LOVETRAIN2020 des israelischen Choreografen Emanuel Gat gab es im Großen Haus des Theater Freiburgs Standing Ovations. – Vielleicht auch, weil es genau diese prallbunte Poesie und mitreißende Lebensfreude ist, die so fehlt in diesen Tagen, Monaten, Jahren der schlechten Nachrichten…
Meterhohe Lichtsäulen öffnen sich auf der Bühne, Theaternebel wabert, Beat wummert und aus dem Off tönt das eingängige „Say what you want“ aus „The Hurting“ – noch irritierend leise und dumpf – offensichtlich geht es dem 1969 geborenen Emanuel Gat bei allem Wiedererkennungswert von „Shout“, „Mad-World“, „Every wants to Rule The World oder „Sowing The Seeds of Love“ nicht um Musik-Bebilderung. Vielmehr triggern diese siebzig Minuten ein Lebensgefühl, das von Sehnsucht und Aufbruch erzählt. Dynamik und Ausdruck changieren zwischen hymnisch und zart, wild und verspielt, sind so divers wie die Compagnie, die in den Arbeiten von Emanuel Gat auch Raum und Freiheit für individuelle Interpretationen hat. Das ist spürbar: Selten wirkt ein Ensemble so lebendig und spontan.
Auf der Bühne im Großen Haus tragen Männer wie Frauen voluminöse Kleider und Röcke in bauschig-raffinierter, schillernder Vielschichtigkeit, mal als kostbar-aufwendige Roben und Togen, dann wieder in wilder Schürzen-Manier wie nach einer Explosion im Altkleider-Container (Kostümdesign Thomas Bradley). Gold und Blau, Dunkelrot und Grün – alles wogt, ist Augenschmaus. So wie das Licht-Design (Emanuel Gat), das den Raum nach oben öffnet, immer wieder biblische Gemälde-Settings schafft mit scharfen Schatten, steingrauen Wolkenformationen, geheimnisvollen Pyramiden-Perspektiven. Konventionell inszenierter Ästhetizismus also? Dazu gibt es zu viele Stile und Brüche, schälen sich aus den kraftvollen, komplexen Gruppenchoreografien immer wieder ganz unterschiedliche Soli heraus, am Ende hat man alle vierzehn Tanzenden gesehen und erlebt. Ein magisches Erlebnis – und damit eine tolle Spielzeit-Eröffnung für den Tanz.
Bildquellen
- „LOVETRAIN2020“ feierte im Oktober Premiere im Theater Freiburg: Foto: Julia Gat