Randale und Liebe
„Greiffenegg und Ramberg“ im Haus der Graphischen Sammlung im Augustinermuseum Freiburg
Eine ungewöhnliche Ausstellung ist das derzeit im Haus der Graphischen Sammlung: Der Titel rankt sich um zwei Männer, die vornehmlich im Spiegel von Zeichnungen aus den Jahren 1821-24 in Erscheinung treten, die zugleich Zeugnis ihrer Freundschaft sind. Die Rede ist von dem in Freiburg geborenen und gestorbenen Hermann Gottlob Xaver von Greiffenegg-Wolffurt (1773-1847) und Johann Heinrich Ramberg (1763–1840), Hofkünstler und Karikaturist am Hofe von Hannover.
Ersterer war ein Mann von Ruhm und Würden, der zugleich mit einer guten Portion Humor ausgestattet war. Allein schon diese Kombination birgt spaßigen Zunder, denn bei aller Ehr’ konnte dieser Mann offenbar über sich selbst lachen. Hier scheinen somit weder der Künstler Ramberg (wie bei einer Ausstellung im Grafikkabinett eigentlich zu erwarten) noch der Freiburger Greiffenegg (dessen Name dem hiesigen Publikum zweifellos ein Begriff ist) im Zentrum zu stehen.
Einerseits gibt diese Schau Einblick in ein Stück Freiburger Stadtgeschichte zur Zeit der Badischen Revolution. Porträts und Szenen sowie Ansichten von Orten, an denen Greiffenegg wirkte, veranschaulichen dessen (auch von Kunst geprägte) Biographie, ergänzt durch persönliche Gegenstände des Freiherrn wie sein Degen und Spazierstock, von ihm getragene Ehrenzeichen, Noten eigener Kompositionen und selbst gefertigte Scherenschnitte. Andererseits bleiben die Zeichnungen und Druckgraphiken aus dem Nachlass Greiffeneggs – sämtlich meisterhafte Blätter vornehmlich aus der Hand Rambergs – Hauptgegenstand der Ausstellung. Schon Goethe sagte Ramberg nach, er habe „ein höchst erfreulich’ Talent, das nicht seines Gleichen hat“.
Als sich die beiden 1816 in Hannover begegneten, war Greiffenegg 43 Jahre alt und hatte schon ein gutes Stück Wegs hinter sich. Als junger Mann diente er dem Hause Habsburg und vertrat als Diplomat die Interessen Österreichs gegenüber Frankreich und dem neuen Großherzogtum Baden. Doch schien ihn neben seinem Ehrgeiz immer auch etwas Anderes zu zwicken: Getarnt als französischer Zivilingenieur spionierte er auf eigene Faust die Franzosen aus. Später war er als Kommandant in den italienischen Festungen Osoppo und Ferrara, sowie im heute kroatischen Zengg (Senj) im Einsatz, wohin man ihn wegen seiner Umtriebe gerne loswurde.
Schon sein Vater Hermann von Greiffenegg, letzter österreichischer Regierungspräsident vom Hause Habsburg, war in Freiburg unbeliebt. Als Alterswohnsitz ließ er 1805 das Greiffeneggschlössle auf den Trümmern der Vauban’schen Festungsanlage errichten, verbrachte dort aber nur kurze Zeit. Sohn Hermann indes lebte darin von 1833 bis 1840, bis er es aus Finanznöten an die Bierbrauerei Schaich veräußern musste. Bis heute diente es als Gastbetrieb und sorgte so für den Verbleib des Namen Greiffenegg im Freiburger Bewusstsein.
Obwohl von Ramberg nur in wenigen Strichen angedeutet, ist des Freiherrn Physiognomie stets auf Anhieb erkennbar. Doch nicht dessen berufliche Würden gereichten dem Künstler zum Motiv als vielmehr Greiffeneggs skandalträchtiges Privatleben. Jahrelang lebte dieser (wie übrigens auch Ramberg) in wilder Ehe und sprach auch sonst den Liebesfreuden und dem Alkohol genüsslich zu, weshalb die gemeinsamen nächtlichen Ausflüge nicht selten in Randale und Flucht endeten – bezeugt durch Rambergs Zeichnungen, die gerade durch ihre selbstreflexive Komik bestechen. Darunter intime bis frivole Blätter, amüsante Zeichnungen, die so manchen Absturz mit Detailfreude schildern. Daneben auch anmutige Darstellungen, die Ramberg Greiffeneggs Frau Adele und dessen Schwägerin Joséphine widmete. Das umfangreiche Begleitprogramm zur Ausstellung umfasst neben der Kunst auch Cocktails, Drinks und kulinarische Genüsse im Greiffeneggschlössle.
Friederike Zimmermann
Bis 3. Oktober, Di-So, 10-17 Uhr. Haus der Graphischen Sammlung im Augustinermuseum. Zur Ausstellung erschien ein Katalog.
www.freiburg.de/augustinermuseum