Kunst

Poesie und Faszination des Waldes: In Arlesheim zeigt die Sammlung Würth die Schau „Waldeslust“ mit Bildern und Skulpturen

Selten war ein Ausstellungstitel so anziehend gewählt wie die Lust des und im Walde im Forum Würth in Arlesheim bei Basel. Auch wenn Manchen dabei sofort Heinos Lied mit den lieben Vögelein von 1970 dazu einfällt. Doch wird die gesamte Ausstellung von klassischer Poesie auf den Wänden begleitet. Das Ölbild „Lichtung blau“ ist ein Werk von Gabi Streile, die in Karlsruhe geboren heute in Oberkirch und in Berlin lebt und arbeitet. Ihr expressives in blau und grün gestaltes Werk von 1988 darf „das Gesicht der schönen Ausstellung sein“ und Interessierte und BesucherInnen „auf Fahne und Plakat im öffentlichen Raum begrüßen“ wie die Künstlerin selbst in ihren Einladungen formuliert hat. Ihr Triptychon „Le Sacre du printemps“ zeigt je eine expressiv gemalte Tanne auf orangenem und blauem Grund an den Seiten und mittig einen zerzausten Baum in Schwarz auf Weiß. Die Anmutung einer Kreuzigung liegt da nahe. Der „Baumstamm mit weißem Segel“ des ehemaligen Karlsruhers Akademieprofessors Markus Lüpertz ist in klar umrissenen festen Formen kontrastreich daneben platziert.
Die Ausstellung umfasst insgesamt 58 Positionen von 36 KünstlerInnen: vom Impressionismus mit einem „Sonnenuntergang bei Moret“, 1892 von Alfred Sisley in feinst flirrender Abendstimmung bis zu Fotografien und einem Filmbeitrag des Zürcher Fotografen Markus Bühler, der seit 15 Jahren die Atmosphäre des Waldes parallel zur jeweiligen Jahreszeit einfängt. Seine beiden Fotografien stimmen bereits im Treppenhaus auf das Thema ein. Leiterin des Forums in Arlesheim und Kuratorin der Ausstellung ist Myriam Rüegsegger. Sie erzählt, dass „Die Initiative, eine Ausstellung zum Thema Wald zu realisieren vom Sammler Reinhold Würth selber ausgeht“. Es ist seit 2011/12 die zweite Ausstellung zum Thema, das von der, an der ZHAW in Zürich (Hochschule für Angewandte Wissenschaften) ausgebildeten Fachfrau und der Kuratorin Sonja Klee professionell und ansprechend über zwei Stockwerke eingerichtet wurde.

Franz Marc: „Grüne Studie“, 1908, Öl auf Leinwand, 152 x 81,5 cm © Sammlung Würth, Foto: Karen Bartsch, Berlin

Monströses Wurzelwerk zieht BetrachterInnen im ersten Stock förmlich in zwei monumentale Gemälde voller Gestaltungslust von Norbert Tadeusz mit beinahe bis an den Rand gezogenem Horizont. Begeistern können vier Bilder von Ben Willikens aus der Serie „Vanitas“ von 2011. Zwei-mal in Acrylfarbe gemalt und zweimal als C-Print mit jeweils zwei identischen Motiven. Auch Bildhauerarbeiten sind platziert. So die von Natur aus mächtig-klobige Eiche „Open Box Cross“ des Engländers David Nash, schwarz bemalt und mit an einer Seite offenem Kreuz gestaltet. 1977 hat Nash 22 Eschen in seinem Geburtsort Esher im Kreis gepflanzt, den „Ash Dome“. Frech steht Günter Ueckers „Baum“ mit den für ihn obligatorischen Nägeln im Scheitel und einem weißen Leimkragen im Raum. Und verwundern lassen die schwarz-weißen Kohlezeichnungen des Literaturnobelpreisträgers Günter Grass. Fein, zart und von jeglichen Angriffen auf den Wald, vom sauren Regen bis zu Abholzungen fern, zeigt der Bayer Joachim Jung vier kleinformatige Öl- und Acrylbilder betitelt mit „Waldbahnfahrt“. Natürlich sind auch Zeichnungen des Projekts von Christo und Jeanne-Claude, den spektakulären Baumverhüllungen im Berowergut und Beyeler 1998 zu sehen. Der Salzburger Alfred Haberpointner hat ein „Gehacktes Horn“, 1993 ganz selbstverständlich auf einem weißen Podest platziert. Das Nuβholz ist gleichmäβig behauen. Mensch möchte auf ihm davongleiten. So regen manche Bilder, Holzarbeiten und die Bleifiguren von Richard Deacon und Bill Woodrow zum Phantasieren an. Je ein Gemälde von Anselm Kiefer und Georg Baselitz ist gut in das Ganze eingefügt. Mit Robert Longhos monumentaler schwarz-weiß Zeichnung „Ohne Titel (Fair mount Forest)“ zieht ein Nebel durchs Bild und fängt BesucherInnen ein. Besonderes Augenmerk verdienen Zeichnungen mit Pastellkreide von Andrea Zaumseil aus der Serie „Weit fort“, 2014. Sie hat Ausschnitte unterschiedlicher Rindenoberfläche ganz nahe vor unsere Augen geholt. Der Bodensee, die Hecken, Bäume und Sträucher der Nachbarschaft prägten ihre Sicht als Kind.
Kind und ForscherIn sein können wir alle im separaten Raum zum Thema „Walderlebnis“, wo spielerisch Anregungen und Impulse zur individuellen Walderfahrung gegeben werden. Kleine und große BesucherInnen können anfassen, riechen, lesen, Apps herunterladen oder dem Schneefall in Markus Bühlers Film zusehen. Auch empfiehlt sich ein Spaziergang durch das angrenzende Naturschutzgebiet mit Lichter Wald, Waldrand und Auenwald.

Waldeslust. Bäume und Wald in Bildern und Skulpturen. Sammlung Würth, Dornwydenweg 11, Arlesheim, Schweiz. Eintritt frei. Angebote für Schulklassen sowie Atelierworkshop: Tel. +41 61 705 9595. Bis 3.8.2025.

Bildquellen

  • Franz Marc: „Grüne Studie“, 1908, Öl auf Leinwand, 152 x 81,5 cm © Sammlung Würth,: Foto: Karen Bartsch, Berlin
  • Robert Longo: „Ohne Titel“, 2011, Kohle auf montiertem Papier, 177,8 x 304,8 cm © Sammlung Würth, 2024, ProLitteris, Zurich: Foto: Robert Longo Studio