Otfried Preußlers „Kleine Hexe“ wirbelt über die Bühne des Freiburger Theaters
Viel Hokuspokus und Situationskomik
Im November 2009 wirbelte Otfried Preußlers „Kleine Hexe“ schon einmal über die Bühne des Großen Hauses – und war das mit Abstand erfolgreichste Kinderstück in der Ära von Theaterintendantin Barbara Mundel. Jetzt wurde Thalia Kellmeyers Inzenierung des Kinderbuchklassikers mit neuer Besetzung wieder aufgenommen und verbuchte sofortigen Erfolg.
Eine bucklige Kräuterhexe mit irrem Kopfputz lässt die singende Säge jaulen, leuchtende Besen flitzen über den Theaterhimmel und zaubern wie von Geisterhand das Wort Hexe auf den schwarzen Bühnenprospekt. Ein spannender Einstieg und spannungsreich gibt auch die junge Berliner Schauspielerin Marie Jordan ihre Junghexe mit kunterbunten Röcken und grünen Rasta-Zöpfen (Kostüme: Elena Anatolevna): Mal handfest, mal zart, ebenso offenherzig wie schlitzohrig, durchgehend mit viel Präsenz und Dynamik.
An ihrer Seite ein hinreißender, naseweiser Rabe Abraxas: Marie Bonnet ist ein echter Hingucker, wie sie so vogelgleich ruckelt und flattert, stakst und krächzt. Keine Frage, die beiden sind ein tolles Team, auch wenn die kleine Hexe alle Warnungen Abraxas’ in den Wind schießt und trotz Verbot zur Walpurgisnacht auf den Blocksberg reitet.
Beeindruckend setzt Thomas Rump das in Szene: Einen riesigen, roll- und wandelbaren Holzberg hat er gebaut, der aufgeklappt als mehrstöckiges, klappriges Hexenhäuschen, aber auch als vollgestopfter Krämerladen von Balduin Pfefferkorn fungiert. Doch erst mal zischen die Besen, fliegen und stürzen Kräuter-, Nebel-, Wald- und Knusperhexen aus dem nachtschwarzen Himmel, mit Verspätung krabbelt noch eine Sumpfhexe aus dem Bühnenboden: Heja Walpurgisnacht!
Komponist Ro Kuijpers und seine Musiker Simon Goldschagg und Karin Fleck mischen sich mit ins wilde Treiben, bis Michael Schmitter als schrill-schrullige Wetterhexe Rumpumpel dem Spaß ein jähes Ende bereitet und die kleine Hexe vor die Oberhexe zerrt.
Mit rasenden Rollenwechseln und bläserstarkem Balkanbeat, melancholischen Akkordeonliedern und Zirkusmusik wird nun erzählt, wie die kleine Hexe versucht eine gute Hexe zu werden, um im nächsten Jahr die Prüfung vor dem Hexenrat zu schaffen. Immer ausspioniert von der fiesen Rumpumpel, die sich dabei schon mal im Ofenrohr verheddert oder Eselsohren verpasst bekommt. Dabei gibt’s artistische Einlagen, viel Hokuspokus und Situationskomik: Mal wird mit Besen jongliert, dann regnet es Wäscheklammern, Seifenblasen und weiße Mäuse oder die kleine Hexe lässt mit Hilfe der trampelnden Zuschauer die Erde beben. Besonders witzig ist, wie die beiden supercoolen, rappenden Rabauken Fritz und Sepp (Victor Calero, Frank Albrecht) eine gehörige Abreibung von dem zum Leben erwachten Schneemann (Tonio Schneider) bekommen. Zum Piepen, wie der gemeine Revierförster als verzauberter Blödian immer das Gegenteil von dem sagen und tun muss, was er eigentlich will und dann nicht nur die kleine Hexe auf dem Rücken nach Hause schleppt, sondern dort auch gewaltige Brennholzstapel.
Für alle, die vor sieben Jahren schon einmal in der Vorstellung waren, ist diese Inszenierung ein schönes Wiedersehen, für die anderen ein eindrucksvolles Erlebnis. Jede Menge Spaß werden Zuschauer ab fünf Jahren auf jeden Fall haben. Und wie sich die eigenwillige Junghexe am Ende trotz aller Liebe zum Schabernack von der dunklen Seite verabschiedet und durch Mut und Pfiffigkeit eine wirklich gute Hexe wird, ist auch nach fast sechzig Jahren immer noch bestes Denkfutter.
Termine und Infos: www.theater.freiburg.de
Marion Klötzer