Kunst

Olafur Eliasson gibt in der Fondation Beyeler mit der Installation „Life“ ein Bild fürs Leben

Installationsansicht, Fondation Beyeler, Riehen/Basel, 2021
Courtesy of the artist; neugerriemschneider, Berlin; Tanya Bonakdar Gallery, New York / Los Angeles
© 2021 Olafur Eliasson
Foto: Pati Grabowicz

Noch ist kein Wasserläufer zu sehen. Sind die eigentlich sensibel gegenüber Farben und stören sich womöglich an dem giftig wirkenden Grün? Olafur Eliasson sollte es wissen, schließlich liegt ihm schon seit Jahren an einer Wahrnehmung von Natur und Kunst, die den menschlichen Blick zugunsten eines „biozentrischen“ aufgibt. Aber vielleicht ist es einfach zu kalt in diesem Frühjahr. Ein frostiger Wind liegt in der Fondation Beyeler über Schwimmfarn, Entengrütze, Froschbeiß und Wassernuss. Manche der Wasserpflanzen sehen ein bisschen so aus wie vertrocknete Hortensienblütenblätter, andere wie die Muschelblume ragen ein gutes Stück aus dem Wasser. Mitunter werden sie vom braunen Steg abgeschnitten, der über die Wasserwelt führt, so dass sie aus diesem hervorzuwachsen scheinen.
Für menschliche Augen nicht ganz unwesentlich: der dänisch-isländische Künstler hat für seine neue Installation „Life“ die Glasfassade des Renzo Piano-Baus entfernt. Was beim Architekten ein Spiel mit Transparenz, Museum und Teich war, nimmt Eliasson nun ernst und flutet die vorderen Ausstellungsräume. Claude Monets Seerosen-Triptychon wird für Pianos Architektur als auch für dessen Aufhebung durch Eliasson Inspiration gewesen sein. Und so kommt es, dass auf der leuchtend grün gefärbten Wasserfläche die unterschiedlichsten Pflanzen treiben oder aus Töpfen an die Wasseroberfläche wachsen. An die Stelle der Malerei oder die Erinnerung an Monets Garten in der Normandie ist nun eine Teichlandschaft getreten, die bis Mitte Juli – die Installation hat kein festes Ende, sondern orientiert sich am pflanzlichen Wachstum – noch einige Veränderungen erleben wird. Nachts geht von ihr blaues Licht aus und sie wird dann noch ganz andere Tiere als Wasserläufer anziehen. Wie schon öfters hat Olafur Eliasson mit dem Schweizer Landschaftsarchitekten Günter Vogt zusammengearbeitet, gemeinsam haben sie 2001 etwa einen Entengrützeteich im Kunsthaus Bregenz angelegt, auch er war über einen Steg begehbar.
Olafur Eliasson, der auf Island aufgewachsen ist und in Berlin ein Studio mit Fachleuten der unterschiedlichsten Disziplinen aufgebaut hat, ist seit den 1990er Jahren bekannt für aufwändige temporäre Installationen, die mit den Mitteln von Technik und Kultur natürliche Phänomene und Landschaften nachahmen. Nicht selten, um auf die Zerstörung von Lebensräumen aufmerksam zu machen. Doch um Menetekel zu sein, sind die künstlichen Sonnenaufgänge oder Wasserfälle doch zu ästhetisch und zu gewaltig. Sie vereinen eher Menschen in der Betrachtung von Phänomenen. Eine solche erhabene Gruppenerfahrung wird – Corona geschuldet – „Life“ nicht werden und als Flanierparcours ist die Wegstrecke dann doch zu kurz, auch wenn sie Blicke in den gegenüberliegenden Park inszeniert. Wer das Werk dieses globalisierten Künstlers kennt, dem dürfte auch die Farbe bekannt vorkommen. Sie stammt von Uranin, einer Chemikalie, die unter anderem dafür verwendet wird, unterirdische Wasserverläufe verfolgen zu können. Sie sieht ziemlich giftig aus, ist aber harmlos und hat so auch die Ansprüche der Zürcher Aktivisten von Extinction Rebellion erfüllt, als diese vor drei Jahren die Limmat färbten, um auf den Klimawandel hinzuweisen. Und so passt sie auch in das Oeuvre von Olafur Eliasson, bewirkt sie doch einerseits alarmierende Bilder, die für den schlechten Zustand unseres Planeten stehen können, andererseits schafft sie auch faszinierende Ansichten.
Diese Ambivalenz überlagert überhaupt das Werk von Olafur Eliasson, mit dem er weltweit Erfolge feiert. In seiner Ausstellung „Symbiotic Seeing“ letztes Jahr im Kunsthaus Zürich liefen die Besucherinnen und Besucher an einer Wand mit unzähligen Zeitungsausschnitten und Statements vorbei, die über die drohende Zerstörung der Samenbank auf Spitzbergen oder Solarenergie berichteten. Zuvor konnten sie durch eine in die Wand eingelassene Linse, die den Querschnitt einer Kugelalge simulierte, auf den Platz vor dem Kunsthaus schauen, auf dem die Passanten Kopf standen. Doch bevor der Mensch das Bewusstsein der Kugelalge adaptiert, müssten wohl noch ganz andere Bewusstseinsveränderungen vorgehen.

Olafur Eliasson, Life.
Fondation Beyeler, Baselstr. 101, Basel-Riehen. Mo-So 10-18 Uhr, Mi 10-20 Uhr. Bis Juli. www.visit.life.fondationbeyler.ch (mit Live-Kamera)

Bildquellen

  • Installationsansicht, Fondation Beyeler, Riehen/Basel, 2021 Courtesy of the artist; neugerriemschneider, Berlin; Tanya Bonakdar Gallery, New York / Los Angeles: © 2021 Olafur Eliasson Foto: Pati Grabowicz
  • Installationsansicht, Fondation Beyeler, Riehen/Basel, 2021 Courtesy of the artist; neugerriemschneider, Berlin; Tanya Bonakdar Gallery, New York / Los Angeles: © 2021 Olafur Eliasson Foto: Pati Grabowicz