Theater

Offenbachs Operette „Barkouf“ wird von der Straßburger Oper ausgegraben

Eine Schlange in der „Zauberflöte“, ein Schwan im „Lohengrin“ – Tiere in der Oper gibt es zuhauf. Nun hat die Opéra national du Rhin in Straßburg mit „Barkouf oder ein Hund an der Macht“ von Jacques Offenbach eine Operette ausgegraben, in der es ein Hund nicht nur in den Werktitel, sondern sogar ins Regierungsamt des Gouverneurs geschafft hat – ohne dabei eine einzige Note zu singen.

Das großartige Bühnenbild von Barkouf.

Barkouf tut in Straßburg das, was Hunde normalerweise tun: Er bellt! Fast den ganzen Abend ist in der Inszenierung von Mariame Clément (Ausstattung: Julia Hansen) nur sein Regierungssitz – eine Hundehütte – zu sehen, ehe ganz am Ende ein dekorierter Pudel doch mal kurz über die Bühne huscht. Jacques Offenbachs bitterböse Operette, die am 24. Dezember 1860 in der Opéra Comique Paris uraufgeführte wurde, löste einen Theaterskandal aus und erlebte nur acht Vorstellungen.

Nun hat der französische Musikwissenschaftler Jean-Christoph Keck das Werk im Offenbach-Nachlass wieder entdeckt und im Bote & Bock Verlag Berlin neu herausgegeben. Mit der Straßburger Produktion, einer Koproduktion mit der Oper Köln, findet die Operette nach knapp 160 Jahren wieder den Weg auf eine Bühne.

Der Hund als neuer Machthaber in Lahore ist eine Strafmaßnahme des Großmoguls, um dem korrupten Großwesir Bababeck eins auszuwischen und das rebellische Volk zu provozieren. Da sich aber dieser Barkouf als äußert sanfter und liebenswerter Herrscher erweist, dessen Bellen von seinem früheren Frauchen Maima in volksnahe Befehle übersetzt wird, lieben ihn seine Untertanen. Nur der ausgebotete Bababeck möchte die Regierung stürzen.

Am Ende gibt es eine Hochzeit zu feiern, und Barkouf fällt im Kampf gegen die Tartaren, aber sein menschlicher Nachfolger führt die Entspannungspolitik weiter. Offenbachs spritzig-elegante, Musik, die vom Orchestre symphonique de Mulhouse unter der Leitung von Jacques Lacombe mit Esprit umgesetzt wird, gibt die Richtung dieser Groteske vor. Das Volk bastelt Fähnchen für den bevorstehenden Besuch des Großmoguls (Nicolas Cavallier). Bababeck (Rodolpho Briand) betatscht die Marktfrauen und versucht krampfhaft, mit der Hilfe seines Eunuchen Kaliboul (Loic Félix) seine hässliche Tochter (mit Schnurrbart: Anais Yvoz) an den Mann zu bringen.

Die größte und spektakulärste Partie hat die Floristin Maima (mit glasklarer Koloratur: Pauline Texier), die zur Hundeflüsterin wird. Den ersten beiden Akten fehlt aber der Biss in den gesprochenen Dialogen und den musikalischen Zuspitzungen.

Nach der Pause wird der Ton schärfer. Die Hundehütte ist auf Haushöhe gewachsen. Auf dem Dachschild wird neben Liberté/Freiheit und Égalité/Gleichheit auch Croquettes/Trockenfutter gefordert. Große Regale mit Akten, die ein trottliger Archivar zuvor immer wieder balancierte, zeugen vom Überwachungsstaat. Und auch die intriganten Umstürzler tragen mit Macron, Sarkozy, Hollande, Ségolène Royal und dem linken Populisten Jean-Luc Mélenchon ganz aktuelle Masken und wagen ein absurdes Tänzchen.

Die Regisseurin Mariame Clément hält ihren demonstrationsfreudigen französischen Landsleuten einen Spiegel vors Gesicht, ohne dabei zu verletzen. Am Ende verspricht die Heirat des neuen Gouverneurs Saeb (Patrick Kabongo) mit der heimlichen Heldin Maima bessere Zeiten. Man darf gespannt sein, wohin das gegenwärtige Frankreich steuert.

 

Was: Operette „Barkouf ou un chien au pouvoir“ / „Barkouf oder ein Hund an der Macht“ von Jacques Offenbach
Wann: 6. Januar 2019, 15 Uhr, 8. Januar, 20 Uhr
Wo: La Filature, 20 Allée Nathan Katz, 68090 Mulhouse
Web: www.operanationaldurhin.eu

Bildquellen

  • kultur_joker_theater_oper_strassburg_barkouf_photo_Klara_BECK: Klara Beck