Nur nicht selbstreferentiell: Die Spielzeit 2016/17 am Theater Basel
Große und bekannte Figuren bestimmen die Saison
Das Motto der Spielzeit 2016/17 am Theater Basel „Vom Mythos der Möglichkeiten“ klingt fast ein bisschen zu abgeklärt für eine zweite Saison. Wer die Möglichkeiten bereits für einen Mythos hält, testet sie nicht. Doch Intendant Andreas Beck, der vor einem Jahr das Theater Basel übernahm, versteht dieses Motto weniger selbstreferentiell als gesellschaftspolitisch und will Misstrauen säen, wo globale Märkte uns Möglichkeiten wie noch nie versprechen. Nichts desto trotz sind es große und bekannte Figuren nicht nur der Theatergeschichte, die diese Spielzeit bestimmen.
Mit Theresia Walsers Komödie „Im Turm zu Basel“ geht es erst einmal sehr diskret zu. Die Dramatikerin befasst sich mit der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, die in Basel beheimatet ist und am liebsten nicht von sich reden macht. Ein Pendant dazu ist „Farinet oder das falsche Geld“ – Farinet soll im 19. Jahrhundert als Geldfälscher und Schmuggler tätig gewesen sein, das Schauspiel von Reto Finger wird von Nora Schlocker inszeniert.
Ein weiteres Stück von Theresia Walser ist ab dem 20. September mit „Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel“ zu sehen. Der Spielplan weist einige Klassiker auf, etwa den „Urfaust“, ebenfalls von Nora Schlocker inszeniert, Schillers „Wilhelm Tell“, für den Stefan Bachmann nach Basel zurückkehren wird sowie Anton Tschechows „Drei Schwestern“, die Hausregisseur Simon Stone auf die Bühne bringen wird. Und ein bisschen gehört ja auch bereits Albert Camus‘ Schauspiel „Caligula“ dazu.
Auf die Spuren der Weltliteratur macht sich auch Thom Luz mit „Inferno“ , der in seiner neuen Inszenierung Dantes „Die Göttliche Komödie“ folgt. Mit gleich zwei Premieren ist der junge Hausautor Philippe Heule vertreten. Interessant verspricht „Goldrausch“, ein Schauspiel von Guillermo Calderón nach Blaise Cendrars‘ Roman, zu werden. Cendrar porträtierte den Baselbieter Johann August Suter, der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Amerika reist und während des Goldrauschs finanziellen Schiffbruch erleidet.
Auch im Ballett Basel stehen große Persönlichkeiten im Zentrum und die sind in dieser Saison männlich. Ballettchef Richard Wherlock hat sich Robin Hood vorgenommen und als sei dies nicht schon pittoresk genug, verlagert er die Handlung in das Londoner East End der 1960er Jahre, als dort mafiöse Zustände herrschten. Mit Johan Ingers Ballett „Peer Gynt“ kann die dritte Sparte eine weitere Uraufführung vorweisen. Die Handschrift gleich zweier Choreografen zeigt der Tanzabend „B/E“ mit älteren Choreografien von Joëlle Bouvier und Alexander Ekman.
Simon Stone, viel gelobter Hausregisseur am Theater Basel wird diese Spielzeit erstmals eine Oper inszenieren und übernimmt die Regie bei Erich Wolfgang Korngolds „Die tote Stadt“. Korngolds Oper beruht auf einem symbolistischen Werk des Autors Georges Rodenbach und wurde von ihm im Alter von 23 Jahren komponiert. Sebastian Baumgarten hat den Wechsel vom Schauspiel zum Musiktheater bereits hinter sich, in Basel wird seine Inszenierung von Verdis „La forza del destino“ am 22. Oktober Premiere feiern. In die Zeit des Symbolismus führt auch Paul Dukas’ Oper „Ariane et Barbe-Bleue“, die dem Blaubart-Stoff eine ungewöhnliche Wendung gibt. Wenn am 28. April Philip Glass‘ Oper „Satyagraha“ Premiere feiert, ist dies auch eine Würdigung des Minimalisten, der 2017 80 Jahre wird, aber auch des politischen Wirkens von Gandhi und seinem gewaltlosen Widerstand.
In den Barock führt hingegen Georg Friedrich Händels Oper „Alcina“. Die musikalische Leitung hat der künstlerische Leiter des La Cetra Barockorchester Basel, Andrea Marcon, Regie führt hingegen die Amerikanerin Lydia Steier. Überhaupt gibt sich das Musiktheater vielseitig, sowohl an die Kinder als auch an Musicalfreunde hat man gedacht. Es liegt jedoch an Calixto Bieito mit „Oresteia“ die Künste auf der Großen Bühne zusammenzuführen. Bieito knüpft mit der Musik von Iannis Xenakis an der antiken Tradition an und inszeniert die Orestie mit Schauspielern, Sängern und Musikern.
Annette Hoffmann