Neue Unibibliothek gibt Kunst Raum
Peter Dreher kommt zurück
Das stand von vornherein fest: Einen Wettbewerb für „Kunst am Bau“ würde es beim großen Projekt der Freiburger UB nicht geben. Denn, was kaum einer angesichts des mehr als 50 Mio. Euro teuren neuen Baukörpers denken mag: Es handelt sich formalrechtlich um eine Sanierungsmaßnahme; das war ja der Dreh, um an die immensen Fördermittel des Landes zu gelangen. Nur bei einem wirklichen Neubau hätte der Kunstwettbewerb angestanden.
Hier – im Nachhinein – das architektonische Ergebnis zu diskutieren, ist nicht der Ort. Aber ohne Zweifel entstand eine bedeutsame Lösung, die einen wichtigen Akzent setzt, hohe Entwurfsqualität offenbart, sich im notwendigen, aber am Ende doch behutsamen Kontrast in den urbanistischen Kontext eingliedert – kurzum: eine Bereicherung, wie es sie in den letzten Jahrzehnten ähnlich qualitätvoll unter Freiburger Bauten nicht gegeben hat.
Neben dem lachenden gibt es gleichwohl ein tränendes Auge: „Dass Freiburgs neuer Vorzeigeplatz im Universitätsviertel mit Basalt aus Vietnam gepflastert wird, ist nach unserer Ansicht ein umweltpolitischer Skandal“, schreibt auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die sogenannte Nachhaltigkeit gestaltet sich ein wenig kompliziert, auch und gerade in Freiburg. Tatsächlich kann man nur hoffen, dass dem neuen Bauwerk insgesamt längere Verweildauer beschieden ist als seinem Vorgänger: 1978 erbaut, wegen maroder Klimaanlage, Fassadenschäden und Asbestbelastung 2011 wieder abgerissen.
Die Schrumpfung der Halbwertzeit von Architektur heutzutage ist ein erschreckendes Phänomen, kaum anders als bei T-Shirts, Armbanduhren, Handys und all den Gebirgen sonstigen Elektroschrotts. Das Kollegiengebäude I steht da gegenüber putzmunter seit 1911, das KG IV (die ehemalige UB) seit 1903.
Zurück zur Kunst: Wegen der Ringumgestaltung und des Abrisses der Fußgängerbrücke zum früheren Haupteingang der UB im zweiten Obergeschoss musste das Skulpturenpaar „Mann und Frau“ des Bildhauers Joachim Schmettau (geb. 1937) weichen. Die einst fast blendenden Figuren aus weißem Carrara-Marmor, 1979 zuerst aufgestellt, werden nun gereinigt und im Laufe des Jahres noch, so lässt das Uni-Bauamt verlauten, der Öffentlichkeit zurückgegeben. Ein Ort ist schon gefunden: der Karl-Rahner-Platz auf der Ostseite des KG IV. Gut so.
Freiburger Kunstinteressierten liegt womöglich das Schicksal der Serie lebensgroßer Selbstporträts des Malers Peter Dreher (geb. 1932), die als „Kunst am Bau“ 1977/1978 an der rückwärtigen UB-Fassade zur Sedan- und Michstraße platziert wurden, besonders am Herzen. Längst schon fristeten sie kein schönes Dasein mehr, weil kaum beachtet, stark verschmutzt und beschädigt – dann kam der Abriss. Umso erfreulicher, dass jetzt eine Restaurierung unternommen und – in Absprache mit dem Künstler – ein neuer Standort (im Innenraum) präsentiert werden kann. Auf der östlichen Seite des Freihandmagazins im ersten Untergeschoss blicken dem Besucher künftig zwischen den Regalreihen am Ende der schmalen Gänge jene Selbstbildnisse entgegen wie Figurationen aus einer anderen Welt.
Martin Flashar