Mit „Weltveränderer“ endet die Ära Mundel am Theater Freiburg
Theatrale Nabelschnur
Dass die Intendanz von Barbara Mundel jetzt im Schauspiel mit der Premiere des Stücks „Weltveränderer“ endet, sagt einiges über das Selbstverständnis aus. Es ist wohl nur halbironisch gemeint, nach eineinhalb Stunden jedenfalls weiß man es nicht so genau.
Weltveränderer sehen sich doch immer auch als Weltverbesserer. Andreas Liebmann jedenfalls hat dieses theatrale Resümee geschrieben und auch inszeniert. Es ist eine Art Collage und Nummernrevue geworden, die mit Begriffen wie Politik, Wissenschaft, Wirtschaft oder Arbeit an sich selbst und Revolution überschrieben ist und die Intendanz Mundel sozusagen verschlagwortet. Johannes, Obdachloser und Conférencier des Abends, führt mit einem pseudowissenschaftlichen Text von Friedrich von Borries ein, der 2013 dazu in Berlin auch eine Ausstellung kuratiert hatte.
Vielleicht ist die Vorstellung dieser Maschine, an der Physiker, Mathematiker und Künstler beteiligt sind, ja zu verführerisch und zu nah an dem eigenen Konzept des erweiterten Ensembles, um sie zu ignorieren. Lena Drieschner, Johanna Eiworth und Martin Weigel personifizieren im Bambikostüm das Stadttheater und geben dem Ganzen so einen Zug ins Comichafte. Was beim Menschen perfide wäre oder einfach nur langweilen würde, hat bei (Plüsch)Tieren immer noch etwas Niedliches.
Im Theater Freiburg will man es also nicht dem Zufall überlassen und regelt in den letzten Wochen lieber selbst das eigene Erbe. Was ist erwähnenswert an diesen elf Jahren, was bleibt, was fällt unter den Tisch? „Weltveränderer“ bezieht sich auf die genuin politischen Stoffe und Aktionen des Theaters und die veränderte Rolle des Stadttheaters in der gegenwärtigen Gesellschaft. Traditionspflege in Oper, Schauspiel und Tanz wird hier nicht reflektiert. Stattdessen schaut man auf die Produktion über die Grünen zurück, die Kooperationen mit Neurowissenschaftlern, die Gründung des Bettlerchores und der Laientanzensembles.
Manche treten selbst auf, andere schlüpfen in Rollen. So erinnert die Produktion an den verstorbenen Politikwissenschaftler Helmut Dubiel, der erst mit Parkinson, dann mit Parkinson und einem Hirnsimulator lebte und Bernadette La Hengst hat einen Text über die Grenzen ihres sozialen Theaters beigesteuert. Man nimmt der Schauspielsparte unter Viola Hasselberg, die auch die Dramaturgie des Abends übernommen hat, das Bedürfnis nach Standortbestimmung und Selbstreflexion ab, wieweit man mit den eigenen Ansprüchen gekommen ist. Doch eine Nabelschau bleibt es. Und auch ein nicht eigentlich theatralischer Theaterabend. Da wird es für manche ein Trost sein, dass mit dem neuen Intendanten Peter Carp bald ein Gegenprogramm aufgestellt wird. Die Tage der Weltveränderer am Theater Freiburg sind wohl gezählt.
Annette Hoffmann
Weitere Vorstellungen: 1. und 9. Juni, 20 Uhr, Kleines Haus, Theater Freiburg.
So geht es in der neuen Spielzeit weiter: Theater Freiburg: Neue Spielzeit, neuer Intendant