Theater

Mit Mut, Herz und Verstand: Die Festspiele Breisach zeigen in der Jubiläumssaison das Kinderstück „Der Zauberer von Oz“

Selbst dunkle Gewitterwolken und Sturmböen können das Publikum an diesem Sonntag nicht davon abhalten, auf den malerisch gelegenen Breisacher Schlossberg zu kommen. Da wird gekichert und in die Hände geklatscht, noch schnell eine Tüte Popcorn gekauft, bevor die Kids auf der überdachten und nahezu ausverkauften Tribüne Platz nehmen – und die Reise in das Land des Zauberers von Oz beginnt… Irgendwo in Kansas. Strohballen, Schubkarren, in der Mitte der Bühne ein Bett, im Hintergrund dudelt Musik des mittleren Westens, bei der man sich am liebsten direkt einen Strohhalm zwischen die Lippen klemmen möchte. Dorothy (authentisch dank Lina Tröscher) rennt mit einem Stapel Bücher auf die Bühne, so groß, dass ihr Kopf hinter all den Geschichten verschwindet. In ihnen sucht sie Abenteuer und ahnt noch nicht, welch fantastische Reise vor ihr liegt. In der Erzählung frei nach Lyman Frank Baum und unter der Regie von Sybille Denker zieht auf der Bühne ein Wirbelsturm auf. Dorothy sucht nach Toto, ihrem süßen Hund, wirbelt herum, verkriecht sich im Bett und… erwacht an einem anderen Ort, an dem sich wundersame Wesen um ihr Bett drängen. Überhaupt, das muss an dieser Stelle erwähnt sein, ist das Bühnenbild überraschend minimalistisch. Wo man in Breisach sonst schrille Farben und akribisch ausgearbeitete Landschaften kennt, strotzt eine weiße Bühnenlandschaft mit verschiedenen Ebenen dem regnerischen Wetter. Erfrischend, denn der Zauber von Oz entsteht vor allem mit der Leistung des fantastischen Amateurensembles, das dem puristischen Bühnenbild Leben und Farbe einhaucht.
Zurück zu Dorothy, die ist nämlich reichlich überrascht, als man ihr Freude strahlend mitteilt, sie habe die Hexe des Ostens besiegt, sei selbst eine Zauberin und habe mit ihrem Sieg das magische Paar rote Turnschuhe der Hexe verdient. Wo es eine Hexe des Ostens gibt, ist ihre Schwester im Westen nicht weit entfernt. Mit fiesem Geheule betritt sie die Bühne. Die Hexe des Westens (herausragend verkörpert durch Elke Bürgin) sucht nach den roten Schuhen ihrer Schwester, denn sie schützen die Trägerin vor Unheil. Glück gehabt, dass sie bereits an Dorothys Füßen stecken! Und da beginnt auch schon ihre Reise. Dorothy muss in die Smaragdstadt, dort, so sagt man ihr, residiert der Zauberer von Oz und dieser könne ihr garantiert helfen, zurück nach Kansas zu kommen. Ein lebendiger Wegweiser zeigt ihr die Richtung an und sorgt für Gelächter im Publikum. Überhaupt sind es die kleinen Details, die gut gesetzten Pointen und die wirklich liebevoll arrangierten Kostüme (Peter W. Hermanns, der mit Sybille Denker auch an der Bühnenfassung schrieb), welche das Stück auf zu einem besonderen Erlebnis werden lassen.
Für ein richtiges Abenteuer, braucht es im besten Fall eine Gruppe Freunde, die gemeinsam allen Widerständen trotzt. Da ist die Vogelscheuche (schillernd gespielt von Sabrina Schweizer) die sich vom Zauberer von Oz Verstand wünschen möchte, der eingerostete Blechmann (authentisch quietschend durch Tim Kienzler), der ihnen um Hilfe rufend begegnet und sich nichts sehnlicher wünscht als ein gutes Herz sowie der von Mäusen gepiesackte Löwe (zauberhaft knieschlotternd dank Leon Nowag), dem nur noch eine gute Portion Mut fehlt. Die Geschichte nimmt ihren Lauf und als der lebende Wegweiser die Pause einläutet, springen die Kids im Publikum begeistert auf, sprinten in den Backstagebereich und lassen sich mit Dorothy, Löwe, Blechmann und Vogelscheuche ablichten. Überhaupt leuchten die Kinderaugen während der gesamten Vorführung. Da wird Popcorn aufgeregt zwischen die Kiemen geschoben, fassungslos die Augen aufgerissen und brüllend gelacht. Obendrauf gibt‘s noch eine Portion Lebensweisheit – nach all ihren Abenteuern kehren die Freunde in die Smaragdstadt zurück, wo der Zauberer von Oz (sympathisch verkörpert durch Andreas Geyler) resümiert: Mut, Herz und Verstand ist das, was gute Herrschende ausmacht. Dafür bedarf es aber keiner Magie, sondern schlichtweg Erfahrung und Zusammenhalt. Tosender Applaus auf dem Schlossberg.

Termine und Karten: www.festspiele-breisach.de

Bildquellen

  • Vogelscheuche, Dorothy mit Toto, Blechmann und Löwe: © Festspiele Breisach