Mit dem Dampfboot durch den Dschungel
Sommertheater am Kaltwasserhof im Münstertal mit „African Queen“ und „Gift“
Spätestens seit der 2002 ausgestrahlten und mit dem Grimme-Preis prämierten SWR-Doku „Schwarzwaldhaus 1902“ ist der Kaltwasserhof im Münstertal ein Begriff und lockt Wanderer zu jeder Jahreszeit. Seit einigen Jahren wird hier auch während der Sommermonate Theater gespielt.
Schon der Hinweg ist malerisch: Er führt vorbei an Bäumen, Farn und steilen Wiesen und bietet immer wieder einen grandiosen Blick. Wenn man schließlich auf Bierbänken vor einer kleinen Holzbühne sitzt, fühlt sich das an wie auf Besuch bei einer privaten Garteninszenierung.
„African Queen“ spielt die Amateurgruppe Theater 1098 in diesem Jahr – ein großes Hollywood-Abenteuer! Unvergessen ist die Romanverfilmung von 1951, in der Katharine Hepburn und Humphrey Bogart während des Ersten Weltkriegs in gleichnamigem Dampfboot durch den Dschungel von Deutsch-Ostafrika schippern und schließlich am Tanganjika-See ein feindliches Kriegsschiff torpedieren. Eine afrikanische Missionsstation lässt sich ja gut verorten vor dem Kaltwasserhof, aber wie bitte soll das Abenteuer auf dem Wasser funktionieren?
Jedenfalls erzählt die hier gezeigte Theaterfassung von Bernd Schmidt an der Filmgeschichte entlang, legt den Fokus aber auf die Beziehung der beiden so ungleichen Charaktere. Erst 2014 wurde die Komödie für drei Darsteller am Staatstheater Darmstadt uraufgeführt. Weil der Kiepenheuer-Verlag die wildromantische Openair-Bühne im Münstertal schätzt, bekam Regisseur Dietmar Berron-Brena die Rechte.
Gespielt wird dann mit einfachsten Mitteln über dem zugewucherten Graben: Ein paar Weinkisten und klapprige Paravents sind erst Missionsstation und später der Postdampfkutter des vierschrötigen Charlie Allnutts (Norbert Störmer), zu dem sich die gestrenge Rose (Kristina Malyseva) flüchtet. Sie, ganz englische Lady in weißen Spitzenkleidern bei zierlicher Dauer-Teezeremonie. Er, ein mit allen Wassern gewaschener Huckleberry Finn.
Den Dritten im Bunde, und quasi die Witzfigur, gibt Maik Hinkelmann: Erst als Commander Spicer auf ständiger Fliegenjagd, dann als dressierter und missionierter Gorilla Humphrey, der aber bald seine Bibel über Bord wirft und stattdessen Eifersucht, Gin und Freiheit entdeckt.
Überhaupt geht während des rund 80minütigen Stückes einiges zu Bruch und diverse Requisiten landen im Gras: Leere Konservendosen, erbost von Rose entsorgte Schnapsflaschen und schließlich im hohen Bogen die Kleider der beiden Protagonisten. Die werden über all den Strapazen nämlich ein Liebespaar und lassen sich dann von einem brüllenden, deutschen Kapitän trauen. Motoren-Getucker, das Surren aggressiver Insektenschwärme oder das Tosen der Stromschnellen – all diese Geräusche kommen wie aus einem Hörspiel aus dem Off. Und es funktioniert: Gerade durch ihre Schlichtheit entwickelt diese kurzweilige Laientheater-Inszenierung Charme.
Schauspielprofi ist nur Kristina Malyseva, Norbert Störmer und Maik Hinkelmann machen ihre Sache gut. Weiter geht es dann am 14. September mit dem Ensemble Roll-Splitt und seiner Premiere vom preisgekröntem Ehedrama „Gift“ von Lot Vekemanns. Auch einsame Friedhofsatmosphäre hat der Kaltwasserhof sicher zu bieten.
Marion Klötzer
„African Queen“: 9./10./ 16./17.9., jeweils 17 Uhr.
„Gift“: 14./15.9., 18 Uhr, 17.9., 11 Uhr, 23./24.9., 17 Uhr. Karten: 07636-7888714 oder info@mtktheater-münstertal.de