Kunst

Letzte Chance: Im Freiburger E-Werk ist eine Doppelschau mit Werken von Damien Juillard und Ceidra Moon Murphy zu sehen

Vermutlich würden nicht einmal die Behörden Ceidra Moon Murphy ein gewisses Beharrungsvermögen absprechen. Elf Monate lang schrieb sie Ämter wie das Foreign, Commonwealth and Development Office und das Department of Health and Social Care an, um Informationen zu bekommen. Der Freedom of Information Act erlaubt es in England Einzelpersonen, Informationen bei Regierungsbehörden abzufragen. Initiiert wurde es vor fünf Jahren durch die Regierung von Tony Blair, Ziel war es, mehr Transparenz für die Öffentlichkeit zu schaffen. In der Galerie für Gegenwartskunst im Freiburger E-Werk sieht man nun ein paar Antwortschreiben der Behörden. Offensichtlich gibt es einen Konflikt zwischen dieser angestrebten Transparenz und der öffentlichen Sicherheit. Oft haben sich die Behörden mehrere Monate Zeit genommen, um Ceidra Moon Murphy zu antworten. Die Londoner Künstlerin, die vor fünf Jahren in Oxford ihr Kunststudium abschloss, fragt überhaupt dort nach, wo die Antworten erwartbar einsilbig werden oder wo sie auf Schweigen stößt.
„Groundwork“, so der Titel ihrer Ausstellung, verstärkt die unbehagliche Umgebung der Galerie II, was sich wiederum auf ihre Arbeiten auswirkt. Der Titel ließe sich mit Vorarbeit oder Fundament übersetzen und da sich ein Großteil der gezeigten Arbeiten mit dem Unternehmen Lockheed Martin befasst, das Waffensysteme entwickelt und weltweit verkauft, geht es auch um die Grundlagen des Krieges. Raumgreifend ist hier ihre Installation „Earwittness“, mit der sie 2022 begonnen hat. Zwölf Flugschreiber sind an Stahlseilen befestigt und hängen tief über dem Boden. „Do not open“ steht auf den rot-silbernen Quadern, von denen man immer nur dann etwas hört, wenn ein Unglück passiert ist. Ihre Fotoarbeiten „Without Echo“ gewähren einen Blick in schalltote Prüfkammern, in denen das Schall- und Signalverhalten von explodierender Munition getestet wird. Ein Spot richtet sich auf eine Aluminiumplatte die eine solche Amplitude des Schallverhaltens festhält. Ceidra Moon Murphy verlangt einer diskreten Industrie Zeichen ihrer Existenz ab.

Ceirda Moon Murphy: „Groundwork“, Installationsansicht, 2025 © Marc Doradzillo

Die Oberflächen der Arbeiten von Damien Juillard, die in der Galerie I zu sehen sind, wirken so clean und sleek, dass nichts an ihnen haften zu können scheint. Und so wundert man sich anfangs auch nicht, dass das schwarze Acrylglas der acht Stelen nur seine Umgebung widerspiegelt. Hat man sie jedoch umrundet, sieht man Überlagerungen von schwarz-weißen Bildern. Blumen sind darunter, der verfremdete Schriftzug „Beloved Body“, die Rückenansicht einer männlichen Puppe, deren Kopf in der Aufnahme darunter sich vom Hals zu lösen scheint. Die Stelen erinnern an Displays eines Smartphones, das eben immer auch Kamera ist. Der Basler Künstler hat diese Bildfragmente von Suchmaschinen, Instagram, von Video­standbildern übernommen, sie manipuliert, vergrößert, abfotografiert und dann ausgedruckt. Die Prints entsprechen unserer an Smartphones geschulten Wahrnehmung und unserem Blick, der kaum mehr länger auf etwas verweilt. Alles scheint sich hier zu überlagern und keine zeitliche Reihenfolge zu kennen. An der Wand hat Juillard auf Bildformaten weitere Details wie die Seitenansicht eines Mannes isoliert. Die Flüchtigkeit, mit der wir heute Bilder rezipieren, bricht Damien Juillard indem er sie mit der geradezu altmodischen Technik des Siebdrucks reproduziert, der Bildgrund jedoch, eine Keramikfliese, hat die Kachelform, auf die wir die Welt reduzieren.

Damien Juillard, Liminal Tears. Ceidra Moon Murphy, Groundwork. Galerie für Gegenwartskunst, E-Werk, Eschholzstr. 77, Freiburg. Do/Fr 17-20 Uhr, Sa 14-20 Uhr, So 14-18 Uhr. Bis 23.03.25

Bildquellen

  • Ceirda Moon Murphy: „Groundwork“, Installationsansicht, 2025: © Marc Doradzillo
  • Damien Juillard: „Liminal Tears“, Installationsansicht, 2025: © Marc Doradzillo