Kunstvereine im Gespräch (23): Offenburg-Mittelbaden
Mit dieser Folge beschließen wir die Vorstellung der Kunstvereine Südbadens – und nehmen den bedeutenden Standort Offenburg gern mit geografischer Großzügigkeit hinein. Die Rolle und Bedeutung der Kunstvereine für die kulturelle Bildung ist unumstritten. Folgerichtig klassifizierte die deutsche Unesco-Kommissionim März 2021 die Kunstvereine insgesamt als „Immaterielles Kulturerbe“. Im neuen Jahr 2022 wird eine Buchpublikation erscheinen, die diese, bereits 2018 begonnene, Reihe zusammenfasst.
Der Offenburger Kunstverein zählt, wegen seiner stattlichen Mitgliederzahl (knapp 300, davon ca. 10 % aktive KünstlerInnen) und so auch seiner finanziellen Kraft, besonders jedoch mit seinen großzügigen Räumlichkeiten zu den gewichtigen in der Region. Er zeigt sich zudem in den Gremien gut aufgestellt: Vorsitzender ist der Chef der Baugenossenschaft GemiBau und Architekt Fred Gresens, über die Finanzen wacht Walter Glunk, Geschäftsführer der örtlichen VHS und dazu der Musikschule. Dem Künstlerischen Beirat steht die Kunsthistorikerin Susanne Ramm-Weber vor. Obendrein existiert ein „Förderkreis“.
Erst 25 Jahre alt, aber potent
Schnelle Auskunft zur Historie gibt die Homepage: „Der Kunstverein Offenburg-Mittelbaden wurde am 28. Januar 1996 gegründet.“ Eigens vermerkt wird, dass der „Impuls“ seinerzeit von dem Oberbürgermeister Wolfgang Bruder (SPD) kam. 1997 setzte der Betrieb ein, bislang mit etwa 50 Ausstellungen. Ein Meilenstein war zweifellos die Retrospektive mit 100 Arbeiten von 35 Künstlern zum zehnjährigen Jubiläum 2007 im städtischen Museum im Ritterhaus. Zu Recht wird auch an die Wolfacher Künstlerin Jutta Spinner (1946–2013) erinnert, die, schon 1984 als Gründungsmitglied des Kunstvereins Mittleres Kinzigtal aktiv, für den Offenburger Verein die treibende und stets bohrende Kraft gewesen ist. Im Herbst 2007 konnte der Verein die renovierten und erweiterten Räume im Kulturforum in einer ehemaligen Kaserne in der Oststadt beziehen; seitdem stehen annähernd 500 qm für die Aktivitäten zur Verfügung – eine Folge von knapp einem Dutzend halboffener Segmente mit zentralem Mittelgang, luftig und transparent. Seit 2015ist der Maler Martin Sander (als Halbtageskraft) Geschäftsführer des Kunstvereins – man kann es sich leisten. Neben den Mitglieds- und Förderbeiträgen geben öffentliches und privates Sponsoring sowie Verkaufsprovisionen die finanziellen Säulen.
Munterer Programm-Mix im Kunstforum
In bunter Folge wechselten sich seit Beginn an bekannte Künstler und Newcomer ab. „Der Kunstverein Offenburg will mit seinem Programm ein Spiegel der aktuellen Kunstlandschaft sein“, so Sander. Natürlich bestimmt der Künstlerische Beirat aus etwa 100 jährlichen Bewerbungen das Ausstellungsprogramm: meist vier an der Zahl pro Jahr, je mit 6 bis 8 Wochen Laufzeit, ergänzt durch einige Zusatzveranstaltungen. Im Archiv finden sich bekannte Namen: Stefan Strumbel (2006), Friedemann Hahn (2008), Alfonso und Thaddäus Hüppi (2012), Rainer Braxmeier (2015), Raymond E. Waydelich (2017), Ralph Fleck (2019) – daneben immer wieder aber (noch) weniger profilierte Künstlerinnen, ganz regelmäßig auch Malklassen der Kunstschule Offenburg.
Fast schon selbstverständlich zählen zum Rahmen Führungen und Künstlergespräche, kunstpädagogische Programme für Kindergärten und Schulklassen. Gelegentlich werden die Gattungsgrenzen überschritten: Lesungen, Theaterstücke, kleine Konzerte. Auch Kunstfahrten für die Mitglieder stehen im Angebot. Im Ergebnis führt das zu stolzen 2.000 bis 3.000 Besuchern im Jahr, sie kommen aus der Stadt selbst, gern auch aus dem weiteren Umkreis, „vielfach aus Strasbourg und Basel“, wie Martin Sander beobachtet.
Mit den beschriebenen Räumen ist der Verein großzügig ausgestattet, zumal technisch: ein eigenes Stockwerk steht zur Verfügung. Attraktiv ist dabei die Nähe zur Städtischen Galerie Offenburg, die im selben Haus auf anderer Etage eine identische Ausstellungsfläche betreibt. „So wird es sporadisch auch möglich, bei prominenten Künstlerpositionen eine umfangreiche Show auf beiden Stockwerken auszubreiten.“
Was war, was kommt?
Auf die Frage nach den wichtigsten Projekten bislang, verweist der Geschäftsführer auf die Projektkooperation mit der Deutschen Bank, aus deren Sammlung schon Klassiker wie Lovis Corinth, Picasso, George Braque und Matisse gezeigt werden konnten. Auch Einzelausstellungen mit Arbeiten von Georg Baselitz, Katharina Sieverding und Günter Förg ließen sich auf diesem Weg realisieren.
Für Martin Sander bleibt die Kooperation mit dem Konzeptkünstler Ottmar Hörl eindrücklich in Erinnerung (2005), der ganz im Stil der für ihn typischen seriellen Installationen eine fiktive „Venus von Offenburg“ entwarf: “Die 500 multiplen Kunststofffiguren wurden wirkungsvoll während der Ausstellung auf dem Platz der Verfassungsfreunde präsentiert.“
Und in Zukunft? Da soll es vor allem „mit mehr Werbung im Raum Offenburg“ erfolgreich weitergehen. Das lässt sich gut einpassen in die „Heimattage“ des Landes Baden-Württemberg, die für 2022 nach Offenburg vergeben wurden: mehrere Beiträge der Kunst mit thematischem Bezug sind fest geplant.
Kunstverein Offenburg-Mittelbaden e.V., Kulturforum, Amand-Goegg-Str. 2, 77654 Offenburg. Di – Fr: 13–17 Uhr / Sa. & So.: 11–17 Uhr. Tel.: 0781 –440561.
Bildquellen
- Blick in die Ausstellungsräume: Fotos: Kunstverein Offenburg
- „Gründungsstein“ von Künstlerhand, 1997: Fotos: Kunstverein Offenburg