Kunstvereine im Gespräch (21): Villingen-Schwenningen
Kunstvereine spielen eine wichtige Rolle im Kulturleben von Städten und Gemeinden – gerade auch in unserer Region. In der Serie über die Kunstvereine in Hochschwarzwald und Südbaden geht es heute um die Kunstaktivitäten in Villingen-Schwenningen.
Schon 1953 wurde die Vereinigung „Kunstverein Villingen“ gegründet; anfänglich eine „Malgruppe“, wie bescheiden auf der Homepage formuliert ist. Bemerkenswert bleibt zweierlei: der frühe Start und Impuls in der Nachkriegszeit sowie der von Beginn an bis heute vorrangige Charakter eines Künstler-Kunstvereins. Nur konsequent liegt das Selbstverständnis darin, die künstlerisch aktiven Mitglieder in der Konfrontation mit interessiertem Publikum zu stärken.Der pensionierte Deutsch- und Französisch-Lehrer Bernhard Fabry, seit 2005 ehrenamtlicher Geschäftsführer, nennt es „Produzentengalerie“.1973, ein Jahr nach dem Zusammenschluss der vormals getrennten Gemeinden Villingen und Schwenningen, nahm man die Neuerung in den eigenen Namen und das Konzept auf; 1984 erfolgte die rechtliche Verankerung als eingetragener gemeinnütziger Verein.
Das Wissensarchiv des Vereins sind die Kataloge, die, aufwändig produziert, in großer Regelmäßigkeit erscheinen. Es gibt keine Einzelausstellungen, keine Retrospektiven mehr – immer steht das Kollektiv im Zentrum und der Blick ist nach vorn gerichtet. Ohne Ausnahme fand alljährlich im Herbst die Jahresausstellung statt. Binnen zwei Wochen Laufzeit werden da bei freiem Eintritt alljährlich über 1.000 Besucher gezählt. Wenn nichts dazwischenkommt, wird also ab Oktober die 67. Präsentation dieser Art stattfinden. Eine „Hängekommission“ in wechselnder Zusammensetzung, bestückt vor allem mit den eigenen Künstler-Mitgliedern, übernimmt den kuratorischen Part. Die derzeit (Zahl ansteigend) 34 künstlerischen Mitglieder, darunter auch jüngere, stammen aus etwas weiterem geografischen Radius: Bodensee, Kaiserstuhl und Schwäbische Alb markieren das Gebiet. Durch die Beiträge besonders der über 100 zusätzlichen Fördermitglieder entsteht die Basis der Finanzierung. Zusätzliche Faktoren sind Verkaufsprovisionen und gezielteprojektbezogene Sponsorings. Vor allem jedoch garantiert die Stadt mindestens einen Termin pro Jahr zur kostenfreien Nutzung im kommunalen Franziskanermuseum. Denn das Klostergebäude verfügt neben der Dauerpräsentation der Kultur- und Stadtgeschichte, über mehrere, hintereinanderliegende Räume für Wechselausstellungen. So kommt der Verein ohne eigenes Haus aus. Direkte öffentliche Bezuschussung existiert nicht.
Als besonders erfindungsreich, zum Teil spektakulär kann man die unperiodischen Projekte bezeichnen. „Interventionen“ nennt der Verein diejenigen, die „Eingriffe in die Bestände“ der städtischen Museen bedeuten. Soeben zu Ende ging ein solcher Beitrag im Schwenninger Uhrenindustriemuseum, schon 1999 zeigte man „Vergangenheit ist heute“ im Franziskanermuseum. Auch jenseits dieser Reihe wird die Auseinandersetzung von Gegenwartskunstmit der Historie gesucht, etwa bei „Re-Vision 817“ anlässlich des 1200-jährigen Stadtjubiläums 2017. Und schließlich konnten Kunstprojekte zu breit gefächerten Themen und Anlässen darüber hinaus realisiert werden: Im Jahr der Fußball-WM 2006 gewann der Verein den am Ort ansässigen Hersteller des weithin beliebten Tippkick-Spiels (Produktion seit 1926!) als Sponsor. 100 Spiele wurden an ausgewählte Künstler*innen zur ‚Bearbeitung‘ verschickt, heraus kam ein breit gefächertes Kaleidoskop kreativer Ideen. Ebenso entstanden eine Ausstellung als ‚Kommentar‘ zur Landesgartenschau 2010, „Werkstoff Papier“ über Kunst mit Papier im Dreiländereck 1993 oder 1988„Imago“im Rahmen der Landeskunstwochen Baden-Württemberg in und bei der barocken Benediktinerkirche in Villingen.
Dem Verein geht es gut, er macht mit großer Inbrunst und Kontinuität seine Arbeit. Die einzige Sorge, die Bernhard Fabry umtreibt, ist, „dass in Folge der Corona-Pandemie kommunale Sparprogramme als Erstes die Kultur treffen“. In Ergänzung der Städtischen Galerie spielt der Kunstverein längst eine feste und nicht mehr verzichtbare Rolle in der Doppelstadt.
Kunstverein Villingen-Schwenningen e.V., Geschäftsführung: Bernhard Fabry. St. Georgener Str. 39, 78048 Villingen-Schwenningen, Tel: 07721/51457, E-Mail: fabry@kunstverein-villingen-schwenningen.de. Ab 25. Oktober: Jahresausstellung 2020. Weitere Infos: www.kunstverein-villingen-schwenningen.de
Bildquellen
- Ausstellungseröffnung im Franziskanerkloster: Horst W. Kurschat