Kunstverein Schallstadt: Neuer Kunstpreis in der Region & Retrospektive Konrad Losch
Wer war Konrad Losch (1927–2019)? Das fragte sich jüngst auch der Vorsitzende des Schallstädter Kunstvereins Christian Schaeffer (seit 1994), als ihn das Nachlassgericht über einen nicht unerheblichen Geldbetrag informierte, den Losch dem Verein vermachte. Offenbar, so Schaeffer, „ein eigenbrödlerischer Kunst-Privatier“. Nebenbei: Losch bedachte auch einzelne Künstler*innen der Region mit Geldbeträgen, teils ahnten sie vorab ebenso wenig von diesen Zuwendungen.
Nun aber genauer: Konrad Losch, ein Pfarrerssohn, wuchs in Bad Wildbad im Nordschwarzwald auf, studierte in Würzburg Psychologie, Philosophie, Soziologie und Ökonomie und wurde 1954 mit einer Arbeit zum Thema „Versuch zur physiognomischen Bestimmung der Vitalität“ zum Dr. phil. promoviert. Schon der Titel dieser Arbeit signalisiert ein ungewöhnliches, interdisziplinäres, transzendierendes Interesse. 1967 siedelte er in den Schallstädter Winkel Leutersberg über. Einige Jahre danach wandelte sich dort das eigene Haus zu einer Art Galerie: „Alte Meister, Symbolismus, Präraffaeliten, Jugendstil, Landschaft des 19. Jahrhunderts, gegenständliche Kunst des 20. Jahrhunderts“, so benennt er selbst das Interieur in einer autobiografischen Erinnerung. Später schrieb er einige Drehbücher und Kurzgeschichten, ohne freilich literarischen Durchbruch zu erzielen.
„Im Fokus meines künstlerischen Werkes, auf das ich mich nach der Jahrtausendwende vollends konzentrierte, steht das Thema ‚Prozess Mensch‘ “, notierte Losch noch 2019. In einer seiner letzten Aufzeichnungen sprach er von der „rasenden Lust am Experiment“. Das Grenzüberschreitende im Denken und Nachfühlen, die Nähe zum Surrealen kennzeichnet ohne Zweifel Loschs eigenes künstlerisches Schaffen. Davon zeugen immerhin einige Hundert Arbeiten, die meisten harren in der Leutersberger Villa der fachlichen Bearbeitung durch die damit beauftragte Kunsthistorikerin Kathrin Beck-Wranek. Eine repräsentative Auswahl (ca. 25 Werke) ist jetzt seit 30. Januar im Kunstverein Schallstadt zu sehen. Anlässlich der Vernissage verkündete Christian Schaeffer, dass der KV sich entschlossen habe, mittels der Erbschaft einen Kunstpreis auszuloben. Dies solle in zweijährigem Rhythmus geschehen, zuerst 2022; dotiert mit je 3.000 Euro, ergänzt jeweils durch einen Katalog und eine Einzelausstellung. Wie lobenswert, welch ein Zugewinn für die Kunstszene im Ländle!
2007 bezeichnete Manuel Kreitmeier im Kultur Joker Losch als „Phantast des Realen.“ Er attestierte ihm: „Gefälligkeiten gibt es wenige in Loschs Universum. Loschs Kunst ist von einem schillernden Reiz“. So ist es auch jetzt im Käppele: Kombinationen, Assoziationen, vermeintlich Banales – alles unterliegt der ständigen Verfremdung, Grenzüberschreitungen, Post-Surrealismus. Das ‚ver-rückteste‘ Exponat in der Rückschau ist vielleicht der „Blumenstrauß für Anna“ – wir kennen nicht diese Anna, müssen das auch nicht. Es ist eine Freundschafts-, eine Familien-, eine Liebesgabe vielleicht – der Strauß bleibt in Zeitungspapier eingewickelt, die Blüten liefert der Künstler als rosa Watte. „Konserviert – der Vergänglichkeit, dem Verwesen enthoben. Für mich ein Werk für die Ewigkeit“, so schreibt mir die langjährige Lebensgefährtin Loschs Susanne Müller. „Für Konrad Losch war, wie er selbst gesagt hat: Kunst wahrnehmbar Arrangiertes, Gemachtes, das Bewusstsein bedingt, verändert.“
So long – schauen Sie selbst, tauchen Sie ein in diese Welt des Besonderen!
„Retrospektive Konrad Losch“, Kunstverein Schallstadt e.V., Am Käppele 2, 79227 Schallstadt. Sa 15–17 Uhr, So 11–17 Uhr. Bis 20.02.2022 www.kunstverein-schallstadt.de
Bildquellen
- Konrad Losch: „Freude für Anna“, 2005, Höhe 44 cm, Zeitung, Serviette, rosa Watte Foto: Nachlass Losch: Foto: Nachlass Losch
- Kunstverein Schallstadt zeigt Retrospektive des Künstlers Konrad Losch: Foto: Kunstverein Schallstadt