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Im Gespräch: Stefan Karl alias „Wen Anders“, Musiker und Songwriter aus Freiburg

Stefan Karl Foto: Butchi

Der Freiburger Indie-Künstler Stefan Karl alias „Wen Anders“ präsentiert einen vielseitigen Sound: Mal rockig, dann psychedelic folkig oder mit einer Prise New Wave. Das Zentrum seiner Musik ist die Lyrik, in denen er das Menschsein auf vollkommen authentische Art erkundet. Elisabeth Jockers sprach mit ihm anlässlich seines neuen Releases „Nicht schlecht“ über musikalischen Wandel, Kontrollverlust und Liebe.

Kultur Joker: Stefan, im vergangenen Jahr hast du den Track „Up Loose“ released, jetzt trittst du unter neuem Namen auf: „Wen Anders“ lässt viel Raum zur Interpretation offen. Spielt hier auch ein kleines bisschen (Selbst)Entfremdung eine Rolle? Oder wie kam es zum neuen Projekt?

Stefan: Hi Elisabeth, danke für die Einladung! Ich verstehe mich ja primär als Songwriter, derzeit mache ich aber vom Schreiben bis hin zur Produktion und dem Vertrieb alles in Eigenregie. Vor Kurzem habe ich einen ersten Band-Kollegen gefunden und ich hoffe, dass wir demnächst auch noch eine*n Bassist*in und Percussionist*in finden (vielleicht liest ja jemand mit ;)). „Wen Anders“ soll letztlich zu einer Band heranwachsen, die aus verschiedenen Musiker*innen besteht. Da wäre es, finde ich, nicht richtig, wenn das unter „Stefan Karl“ laufen würde. Der Name Wen Anders hat sich aus einem Gespräch mit einem engen Freund entwickelt und weist ein bisschen auf die musikalische Wandelbarkeit des Projekts hin.

Kultur Joker: Im Vergleich zum locker leichten Sommertrack „Up Loose“ wirkt deine neue Single „Nicht schlecht“ wie ein melancholisches Liebes-Resümee. Woher der Wandel?

Stefan: Wenn ich Songs schreibe, passiert das meistens ohne klare Agenda: Ich fange irgendwo an, und das, was mich innerlich beschäftigt, findet seinen Weg dann irgendwie in den Song rein. Der Wandel ist also eigentlich keiner, sondern eher eine Vielseitigkeit der Gefühle, Erfahrungen, Lebenssituationen, die in mir stecken oder die ich erlebt habe. Es zeigt eine andere Seite von mir – ein anderes Ich. Das passt auch zeitlich: Der neue Song „Nicht Schlecht“ ist nämlich tatsächlich viel älter als der Song „Up Loose“. Ich habe ihn schon 2020 geschrieben.

Kultur Joker: Zu Beginn deiner neuen Single „Nicht schlecht“ habe ich direkt eine alte Spelunke vor mir gesehen, mit Zigarettenschwaden in der Luft und einem Musiker auf der Bühne. Was waren deine Inspirationsquellen? Und sind diese nur musikalischer Natur?

Stefan: Schön! Das Bild haben mir schon viele als Assoziation mitgeteilt und ich finde, es passt wirklich sehr gut! Meine Songs entwickeln sich oft über die Zeit und dieser Song klang in der ersten Version tatsächlich noch ganz anders und war mit englischem Text. Ich habe dann beim Produzieren mal alles außer Bass und Kick weggemacht und das Tempo etwas runtergeschraubt und plötzlich hatte ich eine Stimmung, die ich spannend fand. Die Weingläser vom Abend zuvor standen auch noch rum. Als ich die dann aneinander geschlagen habe, ist der Gong-Sound am Anfang des Tracks entstanden. Ich habe dann immer weitere Elemente gesucht, die diese laszive Stimmung unterstützen können. So ist dann nach und nach ein Sound entstanden, der eine Mischung aus Dope Lemon, Khruangbin und King Krule sein könnte – aber halt auf Deutsch.

Kultur Joker: Dein Text schwankt immer wieder zwischen psychedelischer und körperlicher Entdeckung. Welche Rolle spielt das eine für das andere?

Stefan: Ich glaube, im Kern geht es darum, sich selbst zu entdecken. Das ist aber gar nicht so einfach, denn wir sind fast überall von Narrativen umgeben, die einem sagen, wie man sein soll. Sich von diesen Narrativen frei zu machen, seine eigenen Maßstäbe und Vorstellungen zu leben, erfordert Mut und ich glaube, dass es uns oftmals leichter fällt, uns fallen zu lassen, wenn wir uns nicht ganz unter Kontrolle haben.

Kultur Joker: „Ich bin süchtig nach Liebe die schmerzt“ – muss Liebe denn wehtun? Oder anders gefragt: Was bedeutet Liebe für dich?

Stefan: Haha, darüber könnten wir jetzt wahrscheinlich Stunden philosophieren. Erstmal denke ich nicht, dass Liebe weh tun muss, nein. Im Gegenteil sogar: Liebe ist für mich eine Quelle von Rückhalt und Glück. Liebe kann aber zur Droge werden, wenn sie aus einer inneren Bedürftigkeit heraus entsteht. Wenn wir durch die geliebte Person etwas bekommen, was wir in uns selbst vermissen – wie zum Beispiel Selbstwert. Man empfindet die Erfüllung dieses Bedürfnisses dann wie Liebe und dazu noch als unglaublich intensiv. Endlich fühlt man sich liebenswert und hat gefunden, was man so lange gesucht hat. Wenn diese Liebe dann wegbricht, ist der Schmerz dafür umso größer, weil die innere Bedürftigkeit nach Selbstwert jetzt mit einer Ablehnung konfrontiert wird und das tut richtig weh. Ich denke, im Kern geht es um die eigene Akzeptanz und die Frage, was einen glücklich macht.

Kultur Joker: Im Juli soll die EP „Türme aus Gold“ folgen – auf welche musikalische Reise nimmst du uns hier mit?

Stefan: Türme aus Gold soll eine 5-Track-EP mit ausschließlich deutschen Songs werden. Dabei wird das Bild einer verrauchten Bar wohl erhalten bleiben, aber es gibt auch mal ein paar New Wave Elemente oder eine Akustiknummer mit ausschließlich Gitarre und Gesang. Später im Jahr könnte dann vielleicht auch schon das erste englische Release kommen. Wer mir auf @wenanders.wav auf Instagram folgt, bekommt das dann als erstes mit.

Kultur Joker: Lieber Stefan, vielen Dank für das Gespräch. Wir sind gespannt auf deine zukünftigen Projekte!

Bildquellen

  • Stefan Karl: Foto: Butchi
  • Wen Anders: Foto: Judith Tress