Im Gespräch: Jule Markwald, Kinderbuchautorin
Die Autorin Jule Markwald veröffentlichte in diesem Jahre „Das große Regenbogen Märchenbuch“ für Kinder. Maria Schorn sprach für uns mit der Autorin über ihre Arbeit, Inspiration und Lesevorlieben.
Kultur Joker: Wie kam es zu deinem Buch? Gab es einen Schlüsselmoment?
Markwald: Ich wollte meiner Patentochter zum Geburtstag ein Märchenbuch schenken, weil meine Mama uns immer aus einem vorgelesen hat, als ich klein war und ich das geliebt habe. Das Problem war nur, dass alle klassischen Märchen, die ich nochmal durchgelesen haben furchtbare Rollenbilder vermittelt haben. Die Prinzessinnen wurden immer einfach wegverheiratet, durften nie irgendetwas mitbestimmen und die Prinzen hatten immer den ganzen Spaß. Also hab ich beschlossen ihr einfach selbst ein Märchenbuch zu schreiben, in dem das anders ist und auch mal nicht heterosexuelle Beziehungen abgebildet werden. Und die Guten nicht immer schön und die Bösen hässlich sind. Das hat mich nämlich als Kind schon genervt.
Kultur Joker: Seit der Veröffentlichung ist mittlerweile mehr als ein Jahr vergangen. Wie sind die Rückmeldungen der (Vor-)Leser*innen? Glaubst du, dass vorurteilsbewusste Kinderbücher zu einer toleranteren und offeneren Gesellschaft beitragen können?
Markwald: Meine Illustratorin Lisa und ich waren vollkommen überwältigt von den vielen positiven Kommentaren, die wir bislang bekommen haben. Besonders gefreut habe ich mich persönlich über Nachrichten von Regenbogenfamilien, die sonst nur wenig Kinderbuchliteratur finden, in denen Familien mit zwei Mamas oder zwei Papas abgebildet sind. Und natürlich wenn Kinder mir selbst erzählt haben, wie gerne sie das Buch mögen. Ich glaube absolut, dass Kinderbücher, die sehr selbstverständlich mit gewissen Themen umgehen, die Gesellschaft auf lange Sicht toleranter und offener machen. Für Kinder ist das normal, was du ihnen vorlebst. Wenn es in einem Buch vollkommen selbstverständlich ist, dass es gleichgeschlechtliche Beziehungen und Transsexualität gibt, dann stehen die Chancen gut, dass Kinder das im echten Leben auch ganz normal finden werden. Deshalb habe ich in meinem Buch auch keine Homophobie abgebildet. Das wollte ich überhaupt nicht erst in Kinderköpfen verankern, dass es das gibt.
Kultur Joker: Planst du ein weiteres Kinderbuch?
Markwald: Momentan schreibe ich an einem englischsprachigen Buch für Erwachsene, das ich dieses Mal gerne bei einem Verlag herausbringen würde. Aber ich habe zwei angefangene Skripte für unterschiedliche Kinderbücher auf meiner Festplatte liegen und ab und zu schaue ich rein und schreibe ein paar Zeilen. Eins spielt im Weltraum und eins auf einer dänischen Insel und beide haben wieder queere Hauptfiguren. Nicht-queere Kinderbücher gibt es irgendwie schon genug.
Kultur Joker: Was liest du selber aktuell und was waren deine Lieblings-Kinderbücher und würdest du diese heute noch vorlesen? Wenn Nein, warum?
Markwald: Selber lese ich gerade ein Buch namens “The Mosquito” von Timothy Winegard, wo es darum geht, dass kein anderes Tier so viele Menschen getötet hat wie der Moskito und dass die Weltgeschichte anders gelaufen wäre, wenn es dieses Insekt nicht gäbe. Das klingt im ersten Moment ein bisschen absurd, ist aber extrem spannend.
Meine liebsten Kinderbücher war alles von Astrid Lindgren und als ich ein bisschen größer war Krabat von Otfried Preußler. Besonders Astrid Lindgrens Bücher haben sich extrem gut gehalten, finde ich, gerade weil sie nicht so ein Gemache darum macht, wie Mädchen oder Jungs zu sein haben und wie nicht. Und ich kenne wenig Kinderbuchautor*innen, die lustiger schreiben als sie. Krabat würde ich auch immer noch vorlesen, aber ein bisschen später als ich es selbst gelesen habe. Ich hatte als Kind wochenlang Albträume von der schwarzen Mühle.
Kultur Joker: Liebe Jule, vielen Dank für das Gespräch!
Bildquellen
- Jule Markwald und ihr Buch „Das große Regenbogen Märchenbuch“: Jule Markwald