KultourTanz

Freiheitsinsel im Kleinen Wiesental – Der Kulturraum Rosenhof von Pilar Buira Ferre

„Eine Zukunft mit Vision ist eine Zukunft mit Hoffnung. Hoffnung ist Vertrauen in die Bewegung des Lebens.“ Pilar Buira Ferre

Die 1961 im spanischen Lleida geborene Pilar Buira Ferre ist nach gründlicher tänzerischer Ausbildung bei internationalen Tanzgrößen, darunter auch Pina Bausch, viele Jahre als Mitglied verschiedener Tanzkompanien und Tanztheaterensembles, aber auch mit eigenen Produktionen in zahlreichen Ländern der Welt herumgekommen. Sie hat als Dozentin für Modernen Tanz an der Folkwangschule in Essen und als Tanzpädagogin und Choreografin beim Theater Total in Bochum gearbeitet. Sie kennt also als erfolgreiche Künstlerin den Kulturbetrieb von allen Seiten. Und trotzdem, oder gerade deswegen, hat die weltgewandte Kosmopolitin 1999 den Kulturraum Rosenhof in Schwand, einem Ortsteil von Tegernau im Kleinen Wiesental, weitab von den kulturellen Metropolen und nur mit Aufwand erreichbar, gegründet.

Pilar Buira Ferre, Foto: E. Krieger

„Ich wollte frei von allen institutionellen Zwängen eine Stätte der kulturellen Begegnung und des freien Austauschs für Menschen ohne jede Abgrenzung oder Beschränkung schaffen.“ Sie suchte lange nach einem geeigneten Ort und fand ihn im Rosenhof in Schwand auf den Schwarzwaldhöhen. Zunächst Mitte des 19. Jahrhunderts als Bauernhof von Frieder Roser als „Roserhof“ erbaut, zog er später wie magnetisch sehr spezielle Menschen an. In den 1920er Jahren lebte dort der aus der Krupp-Dynastie stammende Tüftler und Erfinder Oskar Jurnitschek, der dort die Konservierung von Wurst und Fertiggerichten in Dosen erfand. Zehn Jahre danach folgte als Besitzer Karl Scheurer, der die Oberbadischen Angora-Werke, später die noch heute existierende „Medima“ gegründet hatte und züchtete dort Angorakaninchen. Dann kam der Bauunternehmer Alfred Meierhans. Er veranlasste erhebliche Umbauten der Gebäude und hinterließ überall auf dem Gelände noch heute vorhandene schmiedeeiserne Blütenornamente, was zur Namensgebung Rosenhof führte. 1982 scharte der Psychoanalytiker Dieter Duhm eine Gruppe Gleichgesinnter um sich, deren freizügige Experimente neuer Formen des Zusammenlebens jedoch im Kleinen Wiesental nicht sehr gut ankamen. Und dann zogen 1999, nach einigem Leerstand, Pilar Buira Ferre und der Mediziner Andreas Vogel mit ihren beiden Töchtern auf dem Rosenhof ein.
„Jeder unserer Vorgänger hat hier Impulse gesetzt und etwas hinterlassen. Für mich ist dies eine Wiese voller Blumen, die ich zu einem neuen Strauß zusammenfügen kann“, sagt Pilar, die am liebsten nur mit ihrem Vornamen genannt sein möchte.
Schon bald organisierte sie die ersten Konzerte und andere Kulturveranstaltungen und parallel dazu wurde eine naturheilkundlich-ostheopatische Praxis eingerichtet, die neben der Patientenbetreuung auch Ärzte und Therapeuten aus aller Welt anzog, die die damals noch sehr junge Therapiemethode kennenlernen wollten. Finanziert wurde das Ganze wesentlich durch die externe Arbeit von Pilar als Choreografin, Tänzerin und Tanzperformerin.
2003 gründete Pilar zusammen mit ambitionierten Kulturfreunden den Verein „Kulturraum Rosenhof“ und das Veranstaltungsspektrum kam so richtig in Schwung. Es reichte von Kammerkonzerten, Theateraufführungen, modernen Tanz-Performances, Kunstausstellungen bis zu Tanz- und Malworkshops und Zirkus- und Theaterprojekten für Kinder. Den Höhepunkt bildete das alljährliche Tanzfestival. Dafür konnte Pilar durch ihre guten Kontakte Tanzkompanien und Solokünstler aus ganz Europa und Übersee gewinnen, die das eigenwillige Projekt gerne unterstützten. Der Rosenhof entwickelte sich von einem Insidertipp zur vielbesuchten und -beachteten Kulturstätte.
Leider brannte 2010 die für die Veranstaltungen ausgebaute ehemalige Scheune komplett aus und mit ihr Kostümfundus, Ausstellungsräume und der Wintergarten. Im Musiksaal im Haupthaus waren nur noch kleinere Veranstaltungen möglich und an Tanzperformances war nicht mehr zu denken. Mit einer provisorischen überdachten Freiluftbühne konnte zwar das Tanzfestival weiterhin stattfinden, aber der Verein musste sich Gedanken über eine neue Zukunft machen. Ergebnis war 2013 eine neue Vision für den Rosenhof, die nach langem bürokratischem Hin und Her nunmehr 2021 in Angriff genommen wird. Doch davon später.
Zwischenzeitlich entwickelte Pilar 2010 mit „In Zeit Sprung“ ein Tanztheaterprojekt für Frauen und Männer über 40 als eine Einladung, sich selbst als Persönlichkeit näher zukommen und in sich „den Künstler zu entdecken“, wie Pilar es gerne formuliert. Über die Dauer von sieben Monaten durchlaufen die Teilnehmenden eine Abfolge von Workshops in den Sparten Tanz, Skulptur, Malerei, Singen und Bodypercussion. Am Ende werden die Resultate vor Publikum in verschiedenen Tanzperformances präsentiert. In jedem Jahr waren bisher die Klassen voll besucht, für 2021 sind noch Anmeldungen möglich.
Die erwähnte Vision 2013 beschreibt ein integriertes Konzept verschiedener Komponenten. Ein Theatersaal soll als Voraussetzung für die Fortführung des bisherigen Veranstaltungsspektrums mit dem Mittelpunkt Tanz neu errichtet werden. Im Haus der Gesundheit dreht sich alles um spezielle humanistische Medizin-Ansätze und schließlich soll durch den Bau von Mietwohnungen das solidarische Zusammenleben von Familien und Einzelpersonen gezielt und bewusst generationenübergreifend ermöglicht werden. Dazu wird die bereits bestehende Stiftung in Gründung in eine vollwertige Fondation Rosenhof überführt, die als selbstlos tätige Stiftung nicht vorrangig eigenwirtschaftliche Interessen verfolgt. Pilar Buira Ferre ist zuversichtlich, dass die nötigen Genehmigungen endgültig erteilt werden und mit Hilfe von Stiftungsvermögen, Fördergeldern und Sponsoring von „Menschen mit Idealismus“ im Sommer 2021 mit dem Bauen begonnen werden kann. „Es ist möglich, die Vision einer Insel der Freiheit zu realisieren“, sagt sie. Dazu brauche man jedoch Ausdauer und Stehvermögen. Aber: „Ich lebe so, wie ich tanze. Im Tanz muss man immer seinen Weg suchen, man kann nicht stehen bleiben.“

Weitere Infos: www.kulturraumrosenhof.de; www.pilar-tanz.de

Bildquellen

  • Pilar Buira Ferre: E. Krieger
  • Der Kulturraum Rosenhof von Pilar Buira Ferre ist kulturelle Begegnungsstätte ohne Abgrenzung: Foto: Juri Junkov