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Freiburgs verpasste Chance: Die Gaskugel sollte ein leuchtendes Kulturprojekt werden – jetzt stellt sich die Stadtverwaltung quer und lehnt drei Millionen Euro Fördergelder ab

Die Stadtverwaltung Freiburg hat sich im November dazu entschieden, den finalen Antrag für das Gaskugel-Projekt trotz einer zugesagten Förderung in Höhe von drei Millionen Euro nicht zu stellen. Damit ist einmal mehr bewiesen, dass die Förderung von Kunst und Kultur wohl mehr Werbeimage und Wahlkampfmasche als tatsächlich gelebte Stadtpolitik ist. Aber was ist geschehen?
In den vergangenen fünf Jahren wurde durch eine ehrenamtliche Arbeitsgruppe fachkundiger Personen aus Architektur, Kulturmanagement, Tragwerksplanung, Musikwissenschaften und anderen Professionen ein Konzept entwickelt, wie die 2019 stillgelegte und unter Denkmalschutz stehende Gaskugel in Freiburg-Betzenhausen kulturell genutzt werden kann. Noch am 15. November präsentierten Studierende die fünf prämierten Resultate eines ausgeschriebenen Ideenwettbewerbs. Für die benötigte Infrastruktur, ein Servicegebäude mit Seminarräumen und Bistro, sowie den Betrieb hat die Stiftung BauKulturerbe gGmbH die Trägerschaft übernommen.
Mit diesem Konzept, von der Stadt ergänzt durch die Freiraumplanung und Revitalisierung der Dreisam, stellte man beim Bund im April den Antrag auf Förderung im Rahmen des Programms „Nationale Projekte des Städtebaus“. Als einziges Projekt in Baden-Württemberg und eines von siebzehn aus 117 Projekten in Deutschland wurde „Die Kugel“ schließlich ausgewählt.
Nun begründet die Stadtverwaltung das Aus des Projekts damit, dass nicht abzusehen sei, ob die „baulichen Maßnahmen technisch realisierbar […] und keine unüberwindbaren bau-, denkmal- und umweltrechtlichen Hindernisse“ vorhanden seien. Tatsächlich war das Amt seit der Förderzusage am 10. Juli nicht einmal in der Lage, eine Vorskizze zum Freiraum vorzulegen, obwohl genau das im Aufgabenbereich des Amtes für Projektentwicklung und Stadterneuerung (APS) liegt. Der Aussage der Stadt widerspricht der ehrenamtliche Arbeitskreis vehement, der selbst Untersuchungen zur technischen Realisierbarkeit sowie Anforderungen der Denkmalbehörden durchführte. Demnach lägen auch bereits konkrete Angebote vor, wie die Kugel saniert und vor Rost im Innern bewahrt werden kann.
Zudem war ein wichtiges Thema beim Pojekt Gaskugel das Baurecht, schließlich muss der Bebauungsplan für jede neue Nutzung geändert werden. Doch weshalb stellt ein vorhabenbezogener Bebauungsplan keine Alternative für die Stadt dar? Auch die Stiftung Baukulturerbe gGmbH äußert sich in einer Stellungsnahme kritisch: „In Bezug auf die Kosten und die finanziellen Risiken, wie sie von der Stadtverwaltung dargestellt wurden, geht es um potenzielle Fördergelder von Denkmalbehörden, Denkmalstiftungen und -einrichtungen. Hier glaubt das APS, das Thema der Einwerbung von Fördergeldern für Baudenkmale besser beurteilen zu können als erfahrene Fachleute.“ Zudem hätte sich die Stiftung BauKulturerbe bereiterklärt, für die Finanzierungslücke zu bürgen.
Weiter ergänzt die Stiftung: „Das APS bemängelt, dass die vom Bund zur Verfügung gestellten Jahrestranchen nicht zum möglichen Zeitfenster der Stadt passen und die Gefahr bestünde, Bundesmittel zu verlieren und dafür die Kommune belasten zu müssen. Dies mag für das Teilprojekt Freiraumgestaltung sogar stimmen, doch vergisst die Stadt hierbei, dass die Zeitplanung für die Kugel ganz anders und mit stimmigen Jahrestranchen aufgestellt wurde. […] Die Begründungen für einen Ausstieg aus dem Projekt entbehren jeder Grundlage und dienen nur dazu, Angst und Verunsicherung bei den Bürgern und dem Gemeinderat zu erzeugen.“
Auch der Betrieb der Gaskugel war bereits für Jahre gesichtert: Die Musikhochschule und das Freiburger Forschungs- und Lehrzentrum Musik haben die Durchführung von Veranstaltungen und Seminaren in der Kugel mit einer entsprechenden Miete zugesichert.
Dass Freiburg nun die Chance verpasst, dem städtischen Kulturleben endlich den Mehrraum zur Verfügung zu stellen, der so dringend benötigt und seit Jahren gefordert wird, ist unverständlich. Dass darüber hinaus auf ein Kulturprojekt mit nationaler Strahlkraft verzichtet wird, das dem Eifer der touristischen Kommerzialisierung der Stadt entgegenkäme, verwundert umso mehr.

Bildquellen

  • Fachmenschen haben fünf Jahre lang ehrenamtlich an einem Konzept für die Gaskugel gearbeitet: © Jonathan Webb, 2018, AK-Gaskugel