Freiburg: Öffentliche Kunst im entschleunigten Blick
Wer kennt Roland Bischoff? Die Freiburger vielleicht schon. Aber darüber hinaus ist er als Künstler wenig geläufig. Das mag der Grund sein, weshalb auch die Tagespresse (anders als zuletzt bei Eberhard Brügel und Jürgen Giersch zu deren 80. Geburtstagen im Laufe dieses Jahres) von Bischoff nur selten Notiz nahm. Er lebt im mittlerweile 87. Lebensjahr gemeinsam mit seiner Frau Oda in Freiburg, beide sind weiterhin künstlerisch aktiv. Bis 2006 betrieben die Bischoffs in Lahr ein Atelier, das auch als Veranstaltungsort und Galerie diente: Publikum und Künstler der gesamten Region haben das geschätzt. Roland Bischoff absolvierte sein Studium seit 1954 an der Karlsruher Akademie, zu den Lehrern zählten Wilhelm Schnarrenberger und HAP Grieshaber, dort schloss er auch Freundschaft mit dem zwei Jahre älteren Kommilitonen Peter Dreher. 1957 bekam er den „Akademiepreis für Malerei“. 1962 erhielt er eine Stelle als Kunstlehrer am Lahrer Max-Planck-Gymnasium – das war der gesicherte Lebensunterhalt. Bis heute zeichnet und malt Bischoff, vorrangig Landschaften; während seiner Schullaufbahn publizierte er in den 1990er Jahren mehrere kunstpädagogische Lehrbücher unter dem Titel „Grundsteine Kunst“.
Das Jahr der Pandemie, des Nachdenkens und vielleicht auch langsameren und genaueren Hinschauens lenkt den Blick auf Roland Bischoffs wohl einzige Arbeit im öffentlichen Raum: die bronzenen Türgriffe am Portal der Freiburger Universitätskirche in der Bertoldstraße. Wie kam es dazu? Bischoff erinnert sich: „Das Uni-Bauamt erkundigte sich nach jungen Studenten an der Karlsruher Akademie“, „vorgegeben war das Thema: sich nach oben öffnende Hände“. Der Architekt Horst Linde, der damals in verschiedenen Ämtern eine wesentliche Rolle im Zuge des Freiburger Wiederaufbaus spielte, war als Leiter des Bauamts, „bei der ersten Besprechung dabei“, ebenso der Theologe Bernhard Welte, 1955/56 Rektor der Universität. Bischoffs erster Entwurf wurde abgelehnt: er findet noch den Fahrtkostenbeleg nach Karlsruhe in seinen Unterlagen. Denn da hatte er, in der Kunstgeschichte suchend, eine eher abstrakte Version, an Vorlagen von Henri Matisse orientiert, gewählt. Im zweiten Schritt dann klappte es: Bischoff nahm die eigenen Hände zum Vorbild.
Diebstahl und falsche Zuschreibung
Zwei Kuriosa verbinden sich mit der feinsinnigen Arbeit von Roland Bischoff. In den 1990er Jahren wurde der rechte Griff am Portal demontiert und gestohlen – der Fall wurde niemals aufgeklärt; am Ort hat man das fehlende Stück durch Abguss des Pendants ersetzt. Und zu Beginn des Jahres 2020 erschien ein neuer Führer über die Freiburger Universitätskirche, aus der Feder von Hans-Otto Mühleisen. Kompetent in allen Facetten. Aber die Autorschaft der Türgriffe kannte auch Mühleisen nicht, im Archiv des Uni-Bauamts gab es keine Dokumentation mehr, so dass er die Arbeit falsch einem Freiburger Goldschmied zuschrieb.
Schelenz und der Erzherzog
Beim langsamen Rundgang durch die City fällt auch Walter Schelenz (1903–1987) ins Auge: Gemeint ist nicht seine bedeutende Skulptur des Mahnmals für die Opfer des Nazi-Regimes von 1975, die jetzt kürzlich erst – mit gutem Sinn – an den Anfang der Rathausgasse versetzt wurde, dort wo bald dann das NS-Doku-Zentrum der Stadt Freiburg entstehen soll. Nein, Schelenz hinterließ auch bescheidenere Spuren: zur Erinnerung an den Universitätsgründer, den Vorderösterreicher Erzherzog Albrecht VI., modellierte er beim 500-jährigen Jubiläum 1957 an der Außenseite der Mauer zur Alten Universität, jenem Hof, wo sich im Innern das bedeutende Wandmosaik von Julius Bissier und Richard Bampi von 1956 befindet, ein Bildnis desselben im Relief. Da ist aktuell alles im Umbau. Hoffentlich wird es restauratorisch gut gehen, auch die beschädigte Schelenz-Arbeit bedarf einer Aufbesserung.
Röslmeir: Plakette am Rathaus
Wer am Freiburger Rathaus entlang geht, sieht am Anbau Ecke Merian- und Gauchstraße ein Relief des Bildhauers Nikolaus Röslmeir (1901–1977). Es zeigt Ratsherren und Stadtschreiber und stammt aus dem Jahr 1962. Röslmeir war in die Kunst der Nazi-Zeit verstrickt. Berüchtigt sind seine „Hitlerjungen“ die er, als „Pfadfinder“ betitelt, 1936 für den Möslepark entwarf. Nach dem Krieg wandelte sich sein Stil. Der Neue Bertoldsbrunnen (1965) gibt davon Zeugnis. Ebenso das Alterswerk des „Prometheus“ auf dem Hof der Weiherhof-Schulen (postum: 1980), das seit Jahren dort leider stiefmütterlich behandelt wird. So endet der sehr unterschiedliche Corona-Rundgang.
Bildquellen
- Walter Schelenz, Erzherzog Albrecht-Plakette, 1957: M. Flashar
- Nikolaus Röslmeir, Relief am Rathaus-Anbau, 1962: M. Flashar
- Roland Bischoff, Türgriffe an der Universitätskirche, Bronze, ca. 1956 / 57: M. Flashar