Eine zauberhaft belebte Welt
„Die Schöne und das Biest“ bei den Breisacher Festspielen
Eine Liebesgeschichte als Kindertheater? – Gibt eigentlich nicht besonders viel her. Zumal, wenn man wie Regisseur Peter W. Hermanns bei seiner Open- Air- Inszenierung von „Die Schöne und das Biest“ die Vorgeschichte des französischen Volksmärchens einfach weglässt und mitten ins Geschehen springt. Dass sein neuntes Stück der Breisacher Festspiele trotzdem prima funktioniert, liegt neben der stimmungsvollen Kulisse (Bühne: Stephanie Breidenstein) auf dem Schlossberg vor allem an den vielen fantasievollen Regieideen und Nebenfiguren samt zauberhaft-schräger Kostümierung (Stefan Kunert, Peter W. Hermanns).
Dabei beginnt die Sache beschaulich: Ein romantischer Innenhof mit Galerie, Brunnen und Skulpturen, dazu Rosenbüsche und Vogelgezwitscher. Echtes Prinzessinnenambiente – wenn da nicht dieses haarige Riesenvieh (Biest: Jakob Stubert) mit bedrohlichem Geknurre durch die Säulengänge schlurfen würde. Auf den zweiten Blick allerdings entpuppt sich die Idylle als quirliger Affenstall: Amor (Alina Bürgin) und Bacchus (Samuel Czerwinski) steigen einfach von ihren Sockeln, die Dalmatiner- Statuen plündern derweil die Blumenbeete, der Brunnen ist eine jammernde Quasselstrippe mit rollenden Augen und aus der Holzkiste krabbelt schlaftrunken ein Kompostmonster voller Eier- und Gemüseschalen (Lina Bürgin). – Eine belebte Welt, die von Anfang an jede Menge Hingucker und Schabernack bietet und vom rund dreißigköpfigen Zwei- Generationen- Laienensemble in den folgenden achtzig Minuten mit viel Spiellust zum Leben erweckt wird.
Doch dann springt ein Fußball in den Zauberhof und mit ihm eine Horde Kinder, die nun wie im Schlaraffenland von unsichtbarer Hand mit Gummibärchen, Lutschern und Limonade bewirtet werden. Alles wunderbar, wenn der kleine Kicker Antoine nicht eine Rose brechen würde – denn bei so was versteht das Biest keinen Spaß, verzauberter Prinz hin oder her. Antoine wird eingefangen und nur im Austausch mit seiner schönen Schwester Belle (Laura Engist) auf freien Fuß gesetzt – und die Lovestory nimmt ihren Lauf.
Zum Glück nicht nur romantisch: Köstlich, wie Belle in ihrem neuen Domizil von einem ganzen Rudel Schafe samt winziger Lämmer zum Einschlafen gebracht werden soll. Sehr witzig, wie das Biest am mürrisch – angetrunkenen Bacchus Gentlemen- Manieren trainieren soll und sich dabei wie ein Raubauz benimmt. Wie Kleider ohne Köpfe bei einer Modenschau vorüberschweben oder beim großen Gala- Abendessen leibhaftige Salz und Pfeffer- Streuer, Schneebesen, Servietten und Quirl auf die Bühne traben. Allein, die Mühen sind umsonst: Belle mag das Biest, aber heiraten will sie es nicht.Stattdessen macht sie sich auf zum kranken Vater und lässt ihren Verehrer allein.
Ab dann wird´s kitschfrei-gefühlvoll mit sieben Rosendamen, die eine nach der anderen Blüten und Blätter hängen lassen, eine für jeden Tag. Denn kehrt Belle nicht binnen einer Woche aus Liebe ins Schloss zurück, stirbt das Biest an gebrochenem Herzen. Natürlich gibt´s ein Happy End mit Fest samt Verwandlung. Nicht einfach, die Breitbandbühne so zu bespielen, dass Konzentration und Story nicht verloren gehen und jeder der fast 800 Zuschauer auf der überdachten Tribüne etwas zu sehen bekommt. Dank einem gelungenen Wechsel aus ruhigen Einzel- und turbulenten Gruppenszenen gelingt der Spagat zwischen Profitheater und Laienbühne auch in diesem Jahr.
Weitere Vorstellungen: 18./25. August, 1./8. September, jew. 15 Uhr. Am 30. August Abendvorstellung um 19 Uhr. Karten: www.festspiele-breisach.de oder Tickethotline 01805 700 733.
Marion Klötzer