Kunst

Die Welt als Miniaturbühne

Paulina Olowska nimmt in der Kunsthalle Basel in ihrer Ausstellung „Pavilionesque“ das Puppenspiel als Beispiel

Dieser Pavillon lädt zum Solo ein. Aus statischen Gründen darf man ihn lediglich alleine begehen. Wer die hellbraun gestrichene Holzkonstruktion betritt, ein Paar Stufen hochsteigt, steht nicht nur einer Art Baumhaus gegenüber, er entdeckt neben Konstruktionsskizzen auch Dokumentationen über das Puppenspiel. Und ein wenig kommt es einem so vor, als würde sich der Maßstab verschieben und man hätte in Wahrheit ein Puppenhaus betreten.

In Paulina Olowskas Basler Ausstellung „Pavilionesque“ sind die Ausstellungsobjekte zugleich Modelle und der Pavillon ein mustergültiges Angebot des Zusammenkommens. Die Polin gehört zu einer jüngeren Generation von Künstlern, die die Recherche als Teil ihrer Kunst ansieht. Diesmal galt die Nachforschung von Paulina Olowska dem Puppenspiel und was sie im Oberlichtsaal und den angrenzenden Räumen entwickelt, lässt vermuten, dass dieses selbst ein Modell ist und ein Beispiel, wie Künstler in Polen seit den 1950er Jahren miteinander agierten, für eine Bildsprache, die sich in modernistisch wirkenden Plakaten äußert und auch für eine Bühnensprache, in denen die Puppen vielleicht so etwas wie ein groteskes Alter Ego des Menschen sind.

Die 1976 in Gdansk geborene Paulina Olowska hat dafür in polnischen und italienischen Archiven recherchiert. Fündig geworden ist sie aber auch an ihrem jetzigen Wohnort Raba Nizna, wo sie auf das benachbarte Puppentheater Rabcio stieß. Sie reproduzierte seine Vorstellungsplakate und entwarf Bühnenbilder und Requisiten für noch zu entstehende Stücke.

Fotos, die sie bei dieser Recherche zutage förderte, sind nun als Bilder an der Wand zu sehen. Sie bieten auch eine historische Würdigung von Künstlerinnen und Künstlern, die im Westen nie einen größeren Bekanntheitsgrad erreichten und in Polen möglicherweise vergessen sind. Da sieht man eine Frau, die durch einen Schriftzug als „Herta Frankel y sus marionetas“ angekündigt ist, mit Fäden in der Hand, ein Scheinwerfer rückt die Figuren ins Licht. Die Bildkomposition ist von expressivem Schwarz-Weiß geprägt. Der polnische Künstler Tadeusz Kantor bildet dabei so etwas wie ein verbindendes Glied zur Kunstszene, denn Kantor arbeitete bei seinem „Theater des Todes“ mit lebensgroßen Puppen und Schauspielern zusammen.

Paulina Olowska führt neue Arrangements herbei, sie collagiert ausgeschnittene Figuren zu Bildern oder legt Fundstücke sowie Kinderspielzeug am Boden aus. Die Figuren eines Rehs und eines Monsters ergeben so eine Konstellation oder eine Henkelfigur aus Keramik wird auf grünem Schaumstoff ausgebreitet. Es scheint als bereitete Olowska diesen zufälligen Trouvaillen kleine Bühnen.

Für ihre Ausstellung „Pavilionesque“ hat die Künstlerin zudem mit lokalen Kunsthandwerkern zusammengearbeitet, die kleine, farbig glasierte Tonmodelle von Häusern der Umgebung als Miniaturen umgesetzt haben. Eine überdachte Bushaltestelle ist ebenso darunter wie ein gelbes Haus mit der Nummer 13 und ein Gebäude im Stil des Bauhauses. Paulina Olowska macht aus ihrer Re-Lektüre der Vergangenheit eine große begehbare Collage. Als Betrachter erhascht man da manchen Erzählstrang, ohne jedoch für sich das gesamte Konstrukt entschlüsseln zu können. Die Modelle, die Paulina Olowska in ihrer Ausstellung entwirft, sind Denkmodelle, die vorgeben dass es so gewesen sein könnte. „Mein Umgang mit der Vergangenheit ist wie ein Gespräch mit Geistern, mit Zeugen“ hat die Künstlerin einmal gesagt. Sie bezieht dabei auch Akteure ein, wie Kunsthandwerker und Puppenspieler, die ansonsten keine Bedeutung in der Kunstszene haben. Auch dies ist verhandelbar.

Paulina Olowska, Pavilionesque. Kunsthalle Basel, Steinenberg 7, Basel. Öffnungszeiten: di, mi, fr 11-18 Uhr, do 11-20.30 Uhr, sa/so 11-17 Uhr. Bis 1. September.

www.kunsthallebasel.ch

Annette Hoffmann