Die Sechsfaltigkeit des Rock: Guru Guru in Concert und im Interview
Am 5. November, 19.30 Uhr kommen die Heroen des Krautrock ins Haus der Jugend: Guru Guru. Nunmehr 55 Jahre treibt es die deutsche Psychedelic-Band durch die ganze Welt, seit kurzem ergänzt durch den Freiburger Musiker Zeus B. Held. Mit ihm und dem Guru-Urgestein Mani Neumeier hat Fabian Lutz gesprochen.
Kultur Joker: „The Incredible Universe Of Guru Guru“ heißt euer neues Album, das Ende November veröffentlicht wird. Woher der Titel?
Mani Neumeier: Die Band Guru Guru ist eben incredible, hält seit 55 Jahren zusammen, ohne großen Hit oder besondere Hilfe von außen. Das kommt alles aus eigener Hand, durch den eigenen Willen und natürlich die Unterstützung vom Publikum.
Zeus B. Held: Auf dem Album ist auch ein Stück, das wir mit Arthur Brown aufgenommen haben. Dessen Band heißt The Crazy World of Arthur Brown – wir haben eben unser Incredible Universe. Die Ähnlichkeit war jetzt nicht geplant, hat am Ende aber perfekt gepasst.
Mani Neumeier: Incredible, das passt schon gut. Das Album haut ziemlich rein. (lacht)
Kultur Joker: Das Album wurde auch in deinem Freiburger Studio produziert, Zeus. Im November dann der Gig im Haus der Jugend. Wird das Guru Gurus Freiburger Einstand?
Zeus B. Held: Ja, mit Freiburg hatte Guru Guru bisher wenig zu tun, oder, Mani?
Mani Neumeier: Wir haben hier schon ein paar Mal gespielt. Und ich hatte mal eine Freundin vor 40 Jahren…
Zeus B. Held: 2008 waren Guru Guru zusammen mit Birth Control im Jazzhaus. Damals habe ich noch nicht mit Mani gespielt, aber als Special Guest bei Birth Control zwei Stücke. Das war ja meine frühere Band. Und ich war Veranstalter an dem Abend.
Mani Neumeier: Ich erinnere mich. Da dachte ich schon: Der Zeus rockt ja richtig auf der Bühne. Vielleicht machen wir später mal was zusammen.
Kultur Joker: Dann gingen aber noch ein paar Jahre durchs Land. 2020 erschien eure gemeinsame Platte „The Secret Lives“. Im selben Jahr bist du, Zeus, dann bei Guru Guru eingestiegen. Dieses Jahr, im Vorfeld eurer neuen Platte ist dann noch eine dicke Compilation veröffentlicht worden: „Three Faces Of Guru Guru 1970–2021“. Wie kamt ihr auf die Idee?
Mani Neumeier: Die Compilation war von Band und Manager schon viel länger angedacht. Wir wollten einmal unser Gesamtwerk, unsere Perlen zeigen. Man kann auch sagen: Perlen des Krautrock. 37 Stücke auf drei CDs. Eine zum Thema „Rock“, eine zum Thema „Space“ und eine zum Thema „World Music“.
Kultur Joker: Diese drei Gesichter, die Dreifaltigkeit, sind also das Wesen der Band?
Mani Neumeier: Wir haben mindestens eine Sechsfaltigkeit! Wir bedienen viel mehr Stile, aber wir konnten jetzt nicht so viele CDs auf einmal rausbringen. Auch sind die Stile ja nicht getrennt voneinander, alles ist miteinander verwoben. Das ist eine Symbiose aus Rock’n’Roll und Space-Music. Ich behaupte, es gibt keine Band, die im einen Moment psychedelische, spacige Musik und im nächsten echten Rock spielt.
Kultur Joker: Kann man sagen, ihr spielt Krautrock? Die in Deutschland immer noch eher unbekannte Bezeichnung für die wilde Musik, die in den 60ern und 70ern entstand, mit Bands wie Neu!, Can, Tangerine Dream, Birth Control und auch Guru Guru.
Mani Neumeier: Der Begriff ist uns mittlerweile egal. Früher hat uns die Bezeichnung noch geärgert. Keine Band wollte so genannt werden. Inzwischen ist das im Ausland aber ein Qualitätsmerkmal.
Zeus B. Held: Hinter Krautrock steht auch eine Haltung. Die ist, dass wir die angloamerikanische Rock- und Popmusik nicht nachahmen wollen. Wir kommen aus einer anderen, ganz eigenen Ecke. Ich habe lang genug in England gelebt, um zu sehen, dass der Begriff dort keine negative Bedeutung hat. Auch nicht in den USA. Das ist eher in Deutschland so, aber auch da legt sich das mittlerweile.
Kultur Joker: Jetzt noch einmal zu dir, Zeus. Wie viel Ehrfurcht war da, als du wusstest, dass du bei den legendären Guru Guru spielen würdest.
Zeus B. Held: Na ja, in der letzten Inkarnation waren Guru Guru eine Gitarrenband. Nichts gegen Gitarrenbands, aber ich komme eher aus der Keyboard-/Elektronikecke. Ich dachte mir aber, dass das sicher eine gute Abwechslung geben würde. Ehrfurcht hatte ich nur, weil wir eben die Fans behalten wollten. Und da kann ich glücklicherweise sagen, dass es geklappt hat. Wir haben ein Bootleg-Mitschnitt von unseren Konzerten in der Schweiz veröffentlicht: „Made in Switzerland“. Die Leute fanden das so gut, die wollten eine Erinnerung an die Auftritte in neuer Besetzung haben.
Mani Neumeier: Das mit Zeus hat einfach gepasst! Es kommt ja auch auf die Skills an und die hat er – auch, weil er weiß, worum es bei uns geht. Und wir haben einen erweiterten Sound, weil Zeus mit Keyboard und Synthie eben Sachen hinkriegst, die mit der Gitarre doch nicht gehen.
Zeus B. Held: Bei den älteren Stücken, wo die Gitarre das Rückgrat bildet, hatte ich schon Ehrfurcht. Da wusste ich: Ärmel hoch, hier musst du am härtesten arbeiten. Aber das hat funktioniert. Ein solches Stück mit mir in der Besetzung ist auch auf der Compilation.
Kultur Joker: Die letzte Frage ist eine Fan-Frage: Gehört der Elektrolurch weiterhin zur Besetzung? Auch im Haus der Jugend?
Zeus B. Held: Ja, der Mani managt den Elektrolurch! (lacht)
Mani Neumeier: Selbstverständlich ist er immer mit dabei. Es gibt auch auf der neuen Platte ein Stück mit dem Titel „Elektrolurch Mutation 23“. Die letzte Studioversion des Songs ist ja schon über 50 Jahre alt.
Kultur Joker: Dann sind wir gespannt auf das Konzert und wünschen euch weiterhin viel Spaß!
Bildquellen
- Guru Guru: Foto: Frank Schindelbeck