“Der versunkene Schatz”- Ausstellung im Antikenmuseum Basel
Luxuriöse Fracht
Die Geschichte des Wracks von Antikythera ist großes Kino. Da ist eine Insel, die von gefährlichen Klippen umsäumt ist, eine Ladung, die viel vom kulturellen Selbstverständnis der Römer erzählt, Marmorskulpturen, die aussehen als litten sie unter Elephantiasis und ein astronomisches Messgerät, das man so in der Antike nicht für möglich gehalten hätte. Im Jahr 1900 wurde das Wrack von Schwammtauchern entdeckt und auch die ersten Funde gemacht, 1976 war Jacques-Yves Cousteau mit dem Forschungsschiff Calypso und einem Team vor der Insel und seit 2014 finden erneut Bergungen statt.
Gekentert ist das Schiff vermutlich um 70 oder 60 vor Christus. Die Ladung sank auf den Meeresgrund, man nimmt an, dass die ganze Besatzung bei dem Unglück starb. Vermutlich begann die Reise in Pergamon oder Ephesos, von dort erreichte das Schiff den steuerfreien Hafen von Delos mit dem Ziel Pozzuoli am Golf von Neapel. Die Route, die das Handelsschiff nahm, unterscheidet sich nur unwesentlich von der einer Mittelmeerkreuzfahrt der Gegenwart.
Im Antikenmuseum Basel empfangen die Besucher der Ausstellung „Der versunkene Schatz. Das Schiffswrack von Antikythera“ eine gedämpfte Atmosphäre und die Projektion des Mittelmeeres, an deren Rand eine Insel zu entdecken ist. “Der versunkene Schatz”- Ausstellung im Antikenmuseum BaselUnd einige Skulpturen, die zwar nicht zum Fund gehören, die aber auf unterschiedliche Weise deutlich machen, wie komplex das Verhältnis der Römer zur griechischen Kultur war. Man anerkannte die hohe Kunstfertigkeit der Griechen. Griechische Kunst zu besitzen war ein Distinktionsmerkmal, dennoch wurde öffentlich vom Verlust nationaler Eigenarten diskutiert.
Nichtsdestotrotz blühte der Handel mit griechischen Skulpturen. Dass eine der bronzenen Statuen, die im ersten Raum jetzt in Basel zu sehen ist, aus einer Raubgrabung stammt und 1998 beschlagnahmt wurde, wirft auch einen Blick auf die gegenwärtige Situation. Kriege begünstigen Raubgrabungen. Fehlt der Archäologie jedoch der Kontext des Fundes, lassen sich kaum wissenschaftliche Schlüsse aus dem Objekt ziehen. Mitunter sind es daher auch die eher unscheinbaren Exponate, die zu neuen Erkenntnissen über das Leben in der Antike führen. Etwa der Fund von Tonziegeln im Wrack, die daraufhin deuten, dass Frachtschiffe über eine Kabine verfügten, die mit Ziegeln überdacht waren. Oder das Fragment eines Bleirohres, von dem man vermutet, dass es zu einer Wasserpumpe gehörte, mit der man Wasser im Rumpf des Schiffes abpumpen konnte. Etwa 25 Tage hätte das Schiff für die vorgesehene Route gebraucht. Die Art der Funde wiederum ermöglicht Rückschlüsse auf die Handelsbeziehungen in der damaligen Zeit zu ziehen.
Unter der Fracht befanden sich ausgesprochene Luxusgüter wie etwa drei Speisebetten, von denen man Fragmente von bronzenen Beschlägen gefunden hat. Und eben die Skulpturen. Die Jahrhunderte, die diese Kunstschätze im Meer lagen, sind nicht spurlos vorbeigegangen. Sie stammen aus der Mitte des 2. Jahrhunderts vor Christus, als die Nachfrage derart groß war, dass griechische Werkstätten nach klassischen bronzenen Werken für den römischen Markt Kopien aus Marmor anfertigten. Das Wasser, aber auch die Fauna des Meeres haben die Oberfläche porös werden lassen und Gesichtszüge, den feinen Schimmer des Steines und jedes ausgearbeitete Detail verschwinden lassen. Manchmal ist etwa noch das Sandalenmodell in all seinen Einzelheiten zu erkennen, das Bein jedoch wirkt aufgrund ungünstigeren Lagerungsverhältnissen wie geschwollen. Auch ein Zahnrad mit einer umgebenden Skala wurde vor Antikythera gefunden. Es gehörte zu einer Art astronomischer Uhr, mit der man Sonnen- und Mondfinsternisse berechnen konnte. Für die Archäologen war das nur einer der Glücksfälle dieser Schiffsladung.
Der versunkene Schatz. Das Schiffswerk von Antikythera.
Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig, St. Alban-Graben 5, Basel. Geöffnet: Di/Mi, Fr bis So 10 bis 17 Uhr, Do 10 bis 21 Uhr. Bis 27. März 2016.
A. Hoffmann