„Der Rhein / Le Rhin“ – Lebensader für drei Länder: Ausstellungen im Dreiländermuseum Lörrach und 37 weiteren Städten am Oberrhein
Im Laufe der Jahrhunderte wurde er stark verändert, aber eine wichtige Lebensader und Verkehrsachse mit strategischer Relevanz war der Rhein immer. Grenzen und Kriege wirkten trennend oder vereinend auf Bevölkerungen und Staatsgebilde, die im Bereich des Flusses zusammentreffen: Deutschland, Frankreich und die Schweiz – zwischen Schwarzwald, Vogesen und Jura. Das grenzüberschreitende Netzwerk Museen, in dem Institutionen der drei Länder kooperieren, widmet sich dieser Thematik mit 38 Ausstellungen; im Fokus steht der Oberrhein, also der Abschnitt vom Rheinfall bei Schaffhausen bis Bingen.
Unter Leitung von Markus Möhring hat das Dreiländermuseum Lörrach die Reihe koordinierend geplant und zeigt nun die Überblicksausstellung. Wichtiger Aspekt sind divergierende nationale Blickwinkel: So entwickelte sich etwa in Deutschland der „Vater Rhein“ zur Personifikation eines urdeutschen Flusses und die „Wacht am Rhein“ war patriotische Aufgabe. Für Frankreich galt der Lauf des Rheins seit dem 17. Jahrhundert als natürliche Ostgrenze; mit dem Versailler Vertrag erhielt das Land hier dominierenden Einfluss. Zur nördlichen Grenze der Schweiz war der Rhein erst durch Napoleon geworden, was etwa Rheinfelden in zwei Teile trennte; Basel konnte sich jedoch zu beiden Seiten des Stroms entwickeln. In den drei Ländern haben die Bevölkerungen sehr unterschiedliche historische Erfahrungen mit dem Rhein gemacht. Die Ausstellung in Lörrach verdeutlicht dies mit rund zweihundert Exponaten und Texttafeln; Objekte, Gemälde, Grafiken, Dokumente, Filmsequenzen und Karten zum Fluss sorgen für visuelle Anschaulichkeit. Ein deutsch-französisches Buch begleitet die Reihe.
Weitere 37 Museen am Oberrhein, große und kleine, thematisieren den Rhein im Kontext der europäischen Kultur- und Sozialgeschichte, wählen Facetten aus Archäologie, Technik, Ökonomie, Kunst und ergänzen so das gemeinsame Oberthema durch regionale Zugänge. Sie beleuchten Fischer und Flößer, Brücken und Übergänge, Kraftwerke und Schifffahrt, aber auch „Römer, Gallier und Germanen am Rhein“ (Antikenmuseum Basel) und die Gewinnung von „Rheingold“ (Landesmuseum Karlsruhe). Behandelt wird zudem der Festungsbaumeister Vauban und der Wasserarchitekt Tulla sowie der Rhein als Streitpunkt auf dem Rastatter Kongress (1797-1799). Mit den Wellen, Linien und Wirbeln des flüchtigen Elements befassen sich Kunst (Markgräfler Museum Müllheim) und Fotografie (Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim: Robert Häusser); nicht zuletzt spiegeln Musik und Literatur den beeindruckenden Strom, darunter Werke von Grimmelshausen (Oberkirch) und die Nibelungensage. Welche Bedeutung der Rhein für Hélène und Albert Schweitzer hatte, lässt sich im elsässischen Gunsbach erfahren; die nahegelegene Gedenkstätte Hartmannswillerkopf lässt Künstler im Ersten Weltkrieg auf den Rhein blicken. Näher an die Gegenwart rückt die Nationalbibliothek Straßburg (BNU) mit der Dokumentation „NS-Zeit am Oberrhein“, die u.a. über die Propagandaschau „2000 Jahre Kampf am Rhein“ aufklärt, die 1942 im Zuge der Annexion des Elsass und Moselgebiets veranstaltet wurde. In der Zwischenkriegszeit hatte der Historiker Lucien Febvre vergebens vorgeschlagen, den Rhein als europäischen Fluss zu begreifen; dies geschieht heute durchaus und hat – trotz ökonomisch multilateraler Interessen – bewirkt, dass er in den letzten Jahrzehnten saniert wurde und sich ökologisch erholen konnte. Ein Gewinn für Fische und Badevergnügen in diesen phantastischen, aber auch gefährlichen Wassermassen!
Ein Rahmenprogramm mit Veranstaltungen und museumspädagogischen Angeboten wäscht das Thema mit allen Wassern. Dreiländermuseum / Musée des Trois Pays. Basler Straße 143. D-79539 Lörrach. https://www.dreilaendermuseum.eu. Bis 2. Juli 2023
Bildquellen
- Ausstellungen im Dreiländermuseum Lörrach und 37 weiteren Städten am Oberrhein: © Robert Häusser – Robert-Häusser-Archiv/Curt-Engelhorn-Stiftung, Mannheim
- Der Rheinfall in Schaffhausen: © Robert Häusser – Robert-Häusser-Archiv/Curt-Engelhorn-Stiftung, Mannheim