Das Plastik in der Biene: Eine Übersichtsstudie in Nature Communications zeigt erstmals systematisch die Auswirkungen von Nano- und Mikroplastik auf Bienen
Über das Sterben der Bienen wurde in den vergangenen Jahrzehnten oft berichtet. Nun wurde in der Fachzeitschrift Nature Communications eine Studie veröffentlicht, die die Auswirkungen von Nano- und Mikroplastik auf Bienen genauer untersucht. Das Ergebnis: Eine erhebliche Gefährdung der Artenvielfalt und globalen Ernährungssicherheit.An der Studie waren Forschende der Westlake University (Hangzhou/China), der Zhejiang University, (Hangzhou/China), der Fudan University (Shanghai/China) sowie der Universitäten Freiburg und Tübingen beteiligt.
Denn Nano- und Mikroplastikpartikel (NMP) belasten zunehmend urbane und ländliche Landschaften, in denen Bienen und andere Nutzinsekten mit ihnen in Kontakt kommen. Nehmen die Insekten Plastikpartikel über die Nahrung oder die Luft auf, kann das ihre Organe schädigen und Verhaltensveränderungen verursachen, sodass sie wichtige ökologische Funktionen wie die Bestäubung und Schädlingsbekämpfung nicht länger gut erfüllen können. Die Plastikverschmutzung birgt daher erhebliche Risiken für die Artenvielfalt, die landwirtschaftliche Produktion und die globale Ernährungssicherheit. Das sind die zentralen Erkenntnisse der neuen Übersichtsstudie, die von einem internationalen Team unter Beteiligung der Universität Freiburg erstellt wurde.
Wie gelangt das Plastik auf Ackerböden?
Zur Orientierung: Mikroplastikpartikel sind zwischen einem Mikrometer und fünf Millimeter groß, noch kleinere Partikel werden als Nanoplastik bezeichnet. Während die schädlichen Effekte von NMP in Gewässern und für einzelne Arten gut dokumentiert sind, fehlte es bislang jedoch an systematischen Übersichtsarbeiten, wie sich die Partikel auf Agrarökosysteme auswirken. Um diese Lücke zu schließen, fassten die Autor:innen der Übersichtsstudie nun erstmals 21 bereits veröffentlichte Einzeluntersuchungen zusammen. Ihr Interesse galt dabei besonders der Frage, wie Bestäuberinsekten und andere Nützlinge mit Nano- und Mikroplastik in Kontakt kommen und welche Folgen die Aufnahme der Partikel für die Insekten, aber auch für die von ihnen abhängigen Ökosysteme und die landwirtschaftliche Produktion hat.
Zunächst wurden verschiedene Quellen identifizieren, aus denen NMP auf landwirtschaftlich genutzte Flächen gelangen, darunter Plastikfolien, Düngemittel, verschmutztes Wasser und atmosphärische Ablagerungen. Hier reichern sich die Plastikpartikel in Böden an und werden von Bestäubern und von Nutzinsekten, die für die Schädlingsbekämpfung wichtig sind, über die Luft und die Nahrung aufgenommen oder im Nestbau verwendet.
Welche Auswirkungen hat das auf die landwirtschaftliche Produktion?
Die Studienautor:innen stellten bei der Untersuchung fest, dass es durch die Aufnahme von Nano- und Mikroplastik bei Bienen beispielsweise zu Schäden am Verdauungssystem, zur Schwächung des Immunsystems und zu Verhaltensänderungen kommen könne. Dadurch würden die Bienen auch anfälliger für Krankheiten und könnten Pflanzen möglicherweise weniger effektiv bestäuben. „Wir finden Mikroplastik im Darm von Bienen und sehen, wie Wildbienen Plastik zum Nestbau nutzen. Wir müssen daher dringend erforschen, welche Wechselwirkung dies mit anderen Stressoren, wie dem Klimawandel, für die Bienen und ihre Bestäubungsleistungen hat“, erläutert Prof. Dr. Alexandra-Maria Klein, Ko-Autorin der Studie und Professorin für Naturschutz und Landschaftsökologie an der Universität Freiburg. Eine sinkende Bestäubungsleistung wirkt sich nachteilig auf den Ertrag von Nutzpflanzen aus. Die Forschenden warnen bereits jetzt, dass die zunehmende Plastikverschmutzung die bestehenden Unsicherheiten bei der globalen Nahrungsmittelversorgung weiter verschärfen wird.
Wechselwirkungen verstärken das Problem
Darüber hinaus verstärken NMP auch die Gefahren, die von anderen Umweltstressoren wie Pestiziden, chemischer Verschmutzung, Pilzen und Krankheitserregern ausgehen. In einigen Gebieten bildeten sich beispielsweise „Hotspots“ der Wechselwirkung zwischen Plastikpartikeln und schädlichen Viren. Solche Interaktionen könnten zu besonders gravierenderen Effekten von NMP auf Bestäuber und damit auf die Stabilität des Nahrungsmittelsystems führen.
Die Forschenden betonen jedoch auch die Beschränkungen ihrer Übersichtsarbeit. So gäbe es kaum Daten zu wichtigen Bestäubern und Nützlingen wie Hummeln und Marienkäfern. Auch sei es bei der derzeitigen Datenlage nicht möglich, die Wirkungen verschiedener NMP-Größen und -Mengen differenziert zu beschreiben. Um das wachsende Problem der Plastikverschmutzung besser zu verstehen und Lösungen dafür finden zu können, brauche es dringend weitere Forschungsarbeiten. „Schon jetzt ist aber klar: Die Plastikverschmutzung muss dringend politisch gesteuert werden“, sagt Klein.
Originalpublikation: Dong Sheng, Siyuan Jing, Xueqing He, Alexandra-Maria Klein, Heinz-R. Köhler & Thomas C. Wanger (2024). Plastic pollution in agricultural landscapes: an overlooked threat to pollination, biocontrol and food security. In: Nature Communications 15, 8413. DOI: 10.1038/s41467-024-52734-3
Link: doi.org/10.1038/s41467-024-52734-3
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- Eine Mörtelbiene trägt ein Stück PE-Schaumstoff in ihr Nest: Foto: Felix Fornoff