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Das letzte Paradies / Marc Uhligs Dokumentarfilm „Unser Boden, unser Erbe“

Wussten Sie, dass es laut einer Schätzung der Vereinten Nationen nur noch etwa 60 Erntejahre dauern wird, bevor die Böden der Welt nicht mehr in der Lage sein werden, die Menschheit zu ernähren? Oder dass unser Planet über 2000 Jahre braucht, um zehn Zentimeter fruchtbaren Boden zu bilden?

Warum diese und andere – gelinde gesagt – alarmierenden Fakten so wenig präsent im gesellschaftlichen Bewusstsein sind, darauf findet Sterneköchin und Umweltaktivistin Sarah Wiener in „Unser Boden, unser Erbe“ eine pointierte Antwort: Boden ist eben nicht sexy. Denn anders als tapsige Eisbärbabys provoziert ein matschiger Acker keinen unmittelbaren Beschützerinstinkt. Verwunderlich, findet auch Demeter-Landwirt Achim Heitmann, dessen Arbeit der Film ein Erntejahr lang folgt, denn die Menschen in der Stadt seien ja absolut abhängig davon, dass auf dem Land etwas wächst. Stimmt.

„Unser Boden, unser Erbe“, Foto: W-film / Tisda Media

Boden ernährt jedoch nicht nur, sondern sorgt auch für sauberes Trinkwasser, speichert CO2 und bildet Habitate für unzählige Lebewesen. Gleichzeitig sind die Bedrohungen dieses letzten Paradieses vielfältig: exzessive Bebauung, die Folgen des globalen Klimawandels und konventionelle Landwirtschaft verschärfen die Krise der Böden zunehmend. Darum muss, so der Tenor des Films, deren Rettung zur gesamtgesellschaftlichen Verantwortung werden, denn ein radikales Umdenken in den Köpfen von Politik, Wirtschaft und Konsument*innen ist Bedingung für einen ökologisch orientierten Paradigmenwechsel. Trotzdem spielt der erzeugende Sektor als Bodenbewirtschafter und -umsorger dabei eine zentrale Rolle und so argumentiert „Unser Boden, unser Erbe“ – teils genreuntypisch emotional – für die alleinige Zukunftsfähigkeit der biologisch-dynamischen gegenüber konventioneller Landwirtschaft. Dafür liefert der Film eine Fülle von zweifellos interessanten Fakten und Thesen, was teilweise jedoch mehr Fragen aufwirft, als Erklärungen liefert. Wünschenswert wären hier und da etwas weniger Stimmungsbilder zugunsten von mehr Sprechzeit für die auftretenden Wissenschaftler*innen. Doch überwiegend schafft „Unser Boden, unser Erbe“ den Spagat zwischen informativer Qualität und ästhetischem Anspruch und zeigt auf, was eigentlich selbstverständlich, aber scheinbar doch notwendig ist – nämlich, dass unsere Lebensmittel nicht im Supermarkt entstehen und dass Landwirt*innen den Respekt und die Wertschätzung einer Gesellschaft verdienen, die sie ernähren.

Den Kinostart von „Unser Boden, unser Erbe“ am 08.10.2020 begleitete Christian Hiß, Vorstandsvorsitzender der Regionalwert AG, sowie namhafter Unterstützer und Protagonist des Films, mit einer einleitenden Rede im Friedrichsbau. Nach der ausverkauften Vorstellung im großen Saal folgte ein Podiumsgespräch mit Jannis Zentler (Betriebsleiter Gärtnerei Querbeet), Dr. Carola Holweg (Nachhaltigkeits-Projekte), Mathias Forster (Vorstand Bodenfruchtbarkeitsfonds) und Fragen aus dem Publikum.
„Unser Boden, unser Erbe“ (Deutschland 2019, Regie: Marc Uhlig, 79 min.) läuft seit dem 08.10.2020 im Friedrichsbau Kino am Holzmarkt, täglich um 18:15 Uhr.

Bildquellen

  • „Unser Boden, unser Erbe“: W-film / Tisda Media
  • „Unser Boden, unser Erbe“: W-film / Tisda Media