Das Freiburger Carl Schurz Haus zeigt Pop-Art von Mel Ramos
Geschüttelt, nicht gerührt
Die Kunst des Mel Ramos bietet eher im bescheidenen Rahmen Überraschungen. Und doch muss man stocken, sobald man sich im Carl Schurz Haus zu den Grafiken beugt. Denn die Lithografien stammen gar nicht aus der Hochzeit der Popkultur, sondern sind durchweg jüngeren Datums. Das muss eine Obsession sein.
Seit knapp 60 Jahren spielt der 1935 geborene Mel Ramos eine Idee durch: Pin-ups an Markenwaren. Wenn diese eine annähernd phallische Form haben, umso besser. Das Carl Schurz Haus zeigt darüber hinaus eine Vitrine mit Literatur, die die offensichtliche Frauenverachtung zumindest etwas einordnet.
Doch Ratlosigkeit bleibt: warum wird die Ausstellung „Mel Ramos: Pop Art, Frauenkörper und Konsum“ ausgerechnet jetzt gezeigt, wenn über die strukturelle Ungleichheit ganzer Branchen geredet wird? Etwa als besonderer Beitrag zur Debatte? Oder weil in dieser unverblümten Feier dieses doppeldeutigen Konsums das Phänomen Trump begründet ist – oder weil der Kapitalismus halt so ist?
Die Schönheit, die Mel Ramos darstellt, ist die einer sehr anpassungsfähigen Perfektion. Und anschmiegsam müssen diese Körper ja sein, reiben sie sich doch an Zigarren, nehmen die Posen bekannter kunsthistorischer Werke wie Manets Olympia ein oder räkeln sich im Martiniglas neben der obligatorischen Olive. Nicht, dass die Arbeiten pornografisch wären.
Mel Ramos gibt ein Frauenbild wider, das in seiner Perfektion geradezu unerotisch ist. Meist bildet er große Blondinen ab – so hochgewachsen eben wie eine Colaflasche ‒, deren langes Haar in weichen Wellen auf die Schulter fällt. Die Arme sind lässig auf dem Verschluss der Flasche abgelegt, die Brüste fest, der Körper haarfrei. Hätten diese Frauen keinen Bauchnabel, man könnte bezweifeln, dass sie überhaupt geboren wurden. Denn um diese Frauen ist trotz ihrer Nacktheit eine seltsame Prüderie. Nicht nur ist kein Schamhaar zu sehen, es ist überhaupt kein Geschlecht zu erkennen. Das versteckt sich irgendwie verschämt hinter den Produkten, für die geworben wird.
Die Verfügbarkeit jedoch war immer schon das eigentliche Thema der Pop-Art. Es waren Objekte des täglichen Konsums, die Künstler wie Andy Warhol, James Rosenquist oder Roy Lichtenstein darstellten. Lebensmittel, die eigentlich Marken waren oder Comics, deren Narrationen durch Klischees bestimmt waren.
Mel Ramos selbst kam über das Abzeichnen von Comichelden wie Batman oder Superman zu seinem eigentlichen Sujet. Die Verbindung von Pin-ups und Konsumprodukten brachte ihm dann den eigentlichen Erfolg und wurde zu seinem eigenen Markenzeichen. Er erkaufte es sich durch das Fehlen jeder künstlerischen Weiterentwicklung und einer massenkompatiblen Sauberkeit.
Annette Hoffmann
Mel Ramos: Pop Art, Frauenkörper und Konsum. Carl Schurz Haus, Eisenbahnstr. 62. Mo-Fr 9-18 Uhr, Sa 11-15 Uhr. Bis 1. Juni. www.carl-schurz-haus.de