Das Freiburg Festival „Performing Democracy“ findet vom 26. Mai bis 2. Juni statt
Man kann verstehen, dass das Team des Freiburg Festival wenig Anlass sah, das Motto der letzten Ausgabe „Performing Democracy“ zu ändern. Mehr denn je, muss Demokratie ausgehandelt werden und wer sie schätzt, darf sie nicht voraussetzen. Und das Selbstbewusstsein, dass das Theater nicht der schlechteste Ort ist, sie einzuüben oder sichtbar zu machen, konnten auch diverse Lockdowns nicht schmälern. Nachdem die letzte Ausgabe 2020 der Pandemie zum Opfer fiel, darf man für 2022 einigermaßen optimistisch sein, dass das Freiburg Festival vom 26. Mai bis 2. Juni stattfinden kann. Mit einem Volumen von 240.000 Euro ist es kaum das Festival mit dem üppigsten Etat, aber das Besondere an ihm ist, dass sich mit dem Theater Freiburg, dem E-Werk und dem Theater im Marienbad gleich drei Institutionen der Stadt zusammentun, es inhaltlich zu planen und durchzuführen.
Der Verschiebung bringt mit sich, dass nun auch ältere Arbeiten zu sehen sind, die bislang ihr Publikum kaum fanden. „Oratorium“ von She She Pop ist so eine Produktion, die 2019 Premiere feierte und von der Gruppe selbst als „Kollektive Andacht zu einem wohlgehüteten Geheimnis“ bezeichnet wird. Es wird um Geld gehen und da dies alle angeht, wird das Thema am 1. und 2. Juni von Chören behandelt. Und weil Demokratie Teilhabe ist und diese nicht allein über Geld – über dieses aber auch – funktioniert, wird ein programmatischer Strang Partizipation sein. So haben sich drei ehemalige Profi-Fußballer aus Kamerun und Nigeria zum Star Boy Collective vereint und fordern in der Performance „Reverse Colonialism!“ einen neuen Staat für afrikanische Europäer und europäische Afrikaner (26. und 27. Mai). Die Produktion wird das Festival eröffnen. Und auch junge Erwachsene wollen ihre Zukunft selbst gestalten. In der Koproduktion vom jungen Theater Basel und Henrike Iglesias klärt eine Gruppe von Jugendlichen ihr Verhältnis zu sich selbst und zur Welt (31. Mai und 1. Juni). Eine europäische Dekolonisation betreibt Nicoleta Esinencu mit „Sinfonie des Fortschritts“. Die Performance der moldawischen Künstlerin, die Anfang dieses Jahres im HAU uraufgeführt wurde, fragt nach den Arbeitsbedingungen von Osteuropäern in Westeuropa und auch nach unserer Solidarität. Weiter geht es mit einer installativen Performance „Mount Agerage“ von Julian Hetzel über Geschichtsschreibung durch Denkmäler, während Silke Huysmans und Hannes Dereere in ihrem Stück „Pleasant Island“ vom Inselstaat Nauru erzählen, dem seine Phosphatvorkommen kein Glück brachten. Heute ist Nauru verarmt und lebt von den Geldern, die Australien dafür zahlt, auf Nauru ein Internierungslager für Geflüchtete zu führen.
Ein Rahmenprogramm zeigt mit „Die wärmsten Jahre“, „Die Traumfabrik“ und einer Performance von Jasmine Tutum jeweils eine Produktion der beteiligten Häuser sowie Filme von Milo Rau und Renaud Barret im Koki. Ein Ukraine-Abend ist in Planung.
Weitere Informationen unter www.freiburgfestival.de
Bildquellen
- Mount Average // Installative Performance: © Tina Herbots