„Concept and Idea in Art“ – Künstlerbuch-Ausstellung im Kunstraum Alexander Bürkle
150 Bücher aus der Sammlung der niederländischen Brokken-Zijp Foundation of Art werden in Freiburg ausgestellt
Bei der Entwicklung eines Künstlerbuches spielen Form, Inhalt und Material auf intensive Weise zusammen, verbinden sich Bild und Text, ergänzen sich Handwerk, Grafik und Typografie. Mit rund 150 Exemplaren aus der niederländischen Sammlung der Brokken-Zijp Foundation of Art wird diese eigensinnige Gattung derzeit im Kunstraum Alexander Bürkle vorgestellt, teils ergänzt um Werke der hauseigenen Sammlung.
Künstlerbücher treten vor allem im 20. Jahrhundert in Erscheinung, anfangs als das in Frankreich beliebte Genre „livre d’artiste“ oder „livre de peintre“; zunehmende Bedeutung gewinnen sie nach dem Zweiten Weltkrieg. Picasso, Matisse, Oppenheim, Léger und Calder haben Künstlerbücher gestaltet, die sich auf literarische Texte beziehen und oft Ergebnis einer Zusammenarbeit mit Schriftstellern sind; Miró hat über 250 von ihnen produziert, Kunst sollte für alle zugänglich sein. Neue und experimentellere Formen nimmt das Künstlerbuch seit den 1960er Jahren im Kontext von Fluxus und Concept-Art an, wie die hiesige Ausstellung zeigt.
Zu den Pionieren gehört Dieter Roth, der einst besondere Aufmerksamkeit erregte, indem er Texte zu „Literaturwurst“ verarbeitet hat. In der Ausstellung ist er u.a. mit seinem „Children’s Book“ sowie seinem „Picture Book“ vertreten, bei dem der Rezipient die Reihenfolge der Blätter verändern darf. Hingegen jongliert Christopher Wool auf malerische Weise mit Sprache; ein Spiel mit Satz- und Wortfragmenten, das Sprachregeln negiert, findet sich bei Robert Barry. Texte in leporelloartige Bildsequenzen zu integrieren, ist eine Spezialität von Richard Tuttle, wobei es um mehrdeutige Prozesse der Selbstverständigung geht. Die mögliche Einfügung von Sprache bei der Positionierung von Linien beschäftigt Sol LeWitt.
Reizende Objekte, sogenannte Pop-up-Bücher, stammen von Tauba Auerbach; öffnet man sie, so entfalten sich aus buntem Karton gestanzte Seiten zu plastischen Objekten. Daniel Buren hingeben nutzt das Künstlerbuch, um zeitlich befristete Installationen zu dokumentieren. François Morellet setzt sich ironisch mit mathematischen Fragestellungen wie der Quadratur des Kreises auseinander – im Unterschied zum einzelnen Bild ermöglicht das Buch eben eine sukzessive Entfaltung in der Zeit.
Nachsinnen und knobeln lässt sich auch über die gedanklichen Vorgänge in den Exponaten von Gerhard Richter, darunter „Stammheim“ (1995) sowie jüngste Künstlerbücher, die visuelle Elemente und Farbkompositionen mit Zeitungsausschnitten und Lexikonartikeln kombinieren. Im vorletzten Raum treten Werke von John Baldessari, Markus Weggenmann und Peter Tollens in Dialog mit Skulpturen und Wandreliefs. Einen Raum für sich allein erhalten schließlich Arbeiten von Katharina Hinsberg, die so ungestört ihr Zwiegespräch führen können. Goethe hat bemerkt: „Wort und Bild sind Corrrelate, die sich immerfort suchen“. Das lässt sich in dieser subtilen und reichen Ausstellung anschaulich erfahren.
„Concept and idea in art“. Kunstraum Alexander Bürkle. Robert-Bunsen-Straße 5, Freiburg. Di bis Fr, Sonn- und Feiertag, 11 – 17 Uhr. 22.12. – 2.1.17 geschlossen. Eintritt frei. Bis 15. Januar 2017
Cornelia Frenkel